NRW-Wirtschaft sorgt sich zunehmend um Konjunktur

Die Stimmung in der nordrhein-westfälischen Wirtschaft hat sich im August weiter eingetrübt. Mit ihrer aktuellen Geschäftslage waren die Unternehmen zwar erneut zufriedener. Aber ihr Optimismus mit Blick auf ihre künftigen Geschäftsaussichten schwand merklich. Die Sorgen wachsen vor allem im Gastgewerbe und im Handel. Neben den steigenden Infektionszahlen belasten die Engpässe bei Materialen und Fachkräften die Konjunktur.

Das NRW.BANK.ifo-Geschäftsklima ist im August um 2,2 Punkte auf 17,1 Saldenpunkte gesunken. Damit gab der Konjunkturindikator für die nordrhein-westfälische Wirtschaft das zweite Mal in Folge nach. Verantwortlich für die Eintrübung sind erneut allein die Geschäftserwartungen, die auf den tiefsten Stand seit März dieses Jahres sanken. Dagegen bewerteten die Unternehmen ihre gegenwärtige Geschäftslage noch einmal etwas besser als im Vormonat „Die NRW-Wirtschaft befindet sich aktuell auf einem soliden Wachstumskurs“, sagt Eckhard Forst, Vorstandsvorsitzender der NRW.BANK. „Die drohende vierte Corona-Welle, der Fachkräftemangel, die Engpässe bei Materialien gepaart mit den Preissteigerungen erweisen sich aber zunehmend als Belastung für die an sich guten Konjunkturperspektiven.“

Industrie: Rekordhoch beim Fachkräftemangel

Während der Mangel an Vorprodukten bereits seit Monaten den Ausblick trübt, haben die Unternehmen neuerdings auch erhebliche Schwierigkeiten bei der Besetzung von freien Arbeitsstellen. Zugenommen hat der Fachkräftemangel zuletzt auch in Branchen, die von den Lockdowns besonders hart getroffen wurden. So meldeten jeweils rund ein Drittel der Einzelhändler und der Dienstleister Engpässe bei Fachkräften. In beiden Branchen war der Anteil noch nie zuvor so hoch. In der Industrie stieg die Zahl der betroffenen Firmen um über acht Prozentpunkte und erreichte mit 24,5% ebenfalls einen neuen Rekord.

Handel: Corona drückt wieder die Stimmung

Den stärksten Stimmungsrückgang verzeichnete der Handel. Sowohl die Groß- als auch die Einzelhändler waren im August mit ihren aktuellen Geschäften weniger zufrieden als noch im Vormonat. Auch bei den Geschäftsaussichten für die kommenden sechs Monate gewannen die Pessimisten wieder die Oberhand. Vor allem der Einzelhandel blickt sorgenvoll in die nahe Zukunft. Im Zuge der steigenden Corona-Infektionszahlen wächst dort die Furcht vor erneuten Beschränkungen.

Dienstleister: Gedämpfte Stimmung bei gut laufendem Geschäft

Im Dienstleistungssektor in NRW sank das Geschäftsklima ebenfalls. Obwohl viele Dienstleister – darunter etwa Freiberufler oder Unternehmen aus dem  Grundstückswesen – ihre aktuellen Geschäfte besser beurteilten als noch zuletzt, hat auch unter ihnen der Optimismus mit Blick auf die kommende Geschäftsentwicklung einen merklichen Dämpfer erhalten. Dies gilt besonders für das Gastgewerbe, das im August zwar einen deutlichen Anstieg der Umsätze bei gleichzeitigem Einbruch der Erwartungen an das kommende Halbjahr verzeichnete.

Verarbeitendes Gewerbe: Ungebrochene Nachfrage bei leergefegten Lagern

Im Verarbeitenden Gewerbe verschlechterte sich das Geschäftsklima erstmals seit sieben Monaten. Die Firmen sind mit den laufenden Geschäften weiterhin zwar sehr zufrieden. Aber der Ausblick auf die kommenden Monate erlitt einen deutlichen Rückschlag. So macht der Materialmangel dem Verarbeitenden Gewerbe weiter zu schaffen. Klagten im April 42% der Industrieunternehmen über Lieferengpässe, waren es zuletzt bereits 61%. Zudem sind die Lager in der Industrie derzeit leergefegt, wodurch die ungebrochen solide Nachfrage nur noch schwer bedient werden kann. Als Folge plant ein Großteil der Firmen Preissteigerungen.

Bauwirtschaft: Auftragsboom erwartet

Einzig im Bauhauptgewerbe verbesserte sich zuletzt das Klima. Dabei bewerteten die Unternehmen der Bauwirtschaft nicht nur ihre aktuelle Geschäftslage spürbar besser. Sie äußerten sich auch, was ihre Geschäftsperspektiven angeht, nur noch vereinzelt kritisch. Vor allem der Tiefbau in Nordrhein-Westfalen erwartet einen Auftragsboom.