Die Stimmung in den Unternehmen in Nordrhein-Westfalen hat sich im Juli das erste Mal seit sechs Monaten wieder leicht eingetrübt. Mit ihrer aktuellen Geschäftslage waren die Unternehmen zwar zuletzt sogar noch etwas zufriedener als im Vormonat. Die anhaltenden Lieferengpässe bei Materialien sowie die wieder steigenden Corona-Infektionszahlen bereiten der Wirtschaft jedoch zunehmend Sorgen.
Das NRW.BANK.ifo-Geschäftsklima ist im Juli um 1,8 Punkte auf 19,4 Saldenpunkte gesunken. Damit gab der Konjunkturindikator das erste Mal seit Januar dieses Jahres nach. Er notiert aber weiterhin solide über dem Vorkrisenniveau. Verantwortlich für den Stimmungsrückgang sind allein die deutlich gesunkenen Geschäftserwartungen der Unternehmen für die nächsten sechs Monate. Nach dem deutlichen Konjunkturaufschwung im zweiten und dritten Quartal 2021 befürchten die Unternehmen, zum Jahresende wieder in schwierigeres Fahrwasser zu geraten.
Materialmangel bremst Konjunkturerwartungen
Neben den steigenden Infektionszahlen wird der Ausblick vor allem durch den außerordentlichen Materialmangel getrübt. Fast zwei Drittel der Industriefirmen in Nordrhein-Westfalen klagten im Juli über Engpässe bei Vorprodukten (April: 45,0%). Die anhaltende Materialknappheit und die damit verbundenen Preissteigerungen stellen ein Hemmnis für die Produktionstätigkeit dar. Zwar bedienen die Hersteller die Nachfrage derzeit noch mit Fertigwaren aus ihren Lagern. Aber auch diese leeren sich stetig.
Handel: Gute Geschäfte, aber weniger optimistisch
Den stärksten Stimmungsrückgang verzeichnete der Handel. Während sich das aktuelle Geschäftsklima im Einzel- wie im Großhandel dank guter Umsätze weiter erholte, war von dem Optimismus bezüglich der kommenden Entwicklung kaum noch etwas zu spüren. Hintergrund ist die Angst vor einer vierten Corona-Welle und damit verbundenen neuen Beschränkungen.
Dienstleister: Umsätze überzeugen
Auch im Dienstleistungssektor trübte sich das Klima ein. Was ihre aktuellen Geschäfte angeht, berichteten zwar sämtliche Branchen vom Grundstückswesen bis hin zur Logistik von zuletzt steigenden Umsätzen. Besonders erfreulich war dabei die Situation im Gastgewerbe, wo das Geschäftsklima im Juli einen merklichen Sprung nach oben machte. Trotzdem sahen die Dienstleister in Nordrhein-Westfalen der kommenden Entwicklung weniger zuversichtlich entgegen. Einzig in der Branche „Information und Kommunikation“ konnte der Optimismus erneut zulegen.
Industrie: Nach wie vor gut ausgelastet
Wie sehr das Stimmungsbild in der nordrhein-westfälischen Wirtschaft aktuell geteilt ist, zeigte sich im Verarbeitenden Gewerbe. Hier verbesserte sich das Geschäftsklima aufgrund der hervorragenden aktuellen Geschäftslage im Juli nochmals leicht. Infolge der guten Umsätze stieg auch die Kapazitätsauslastung in der Industrie um 0,8 Prozentpunkte auf 85,0%. Sie liegt damit weiterhin deutlich oberhalb des langfristigen Mittelwerts von 83,2%. Der Ausblick für die NRW-Industrie trübte sich angesichts der Materialengpässe jedoch ein. So sanken die Geschäftserwartungen im Juli auf den tiefsten Stand seit März. Vor allem die Metallerzeuger sowie die chemische Industrie sind weniger zuversichtlich.
Bauwirtschaft: Größtes Stimmungsplus
Das Bauhauptgewerbe leidet ebenfalls unter dem Materialmangel. Trotzdem verbesserte sich hier das NRW.BANK.ifo-Geschäftsklima im Juli. Die Baufirmen berichteten von einer aktuell spürbar regeren Bautätigkeit. Gleichzeitig nahm auch ihre Skepsis bezüglich der Geschäftsaussichten für die nächsten Monate etwas ab. Hintergrund sind die gut gefüllten Auftragsbücher.