Die Covid-19-Pandemie und ihre Folgen belasten weiterhin große Teile der Wirtschaft am Mittleren Niederrhein. Die Lageeinschätzung der Betriebe liegt nach wie vor noch knapp im negativen Bereich. Doch die Einschätzung der Unternehmen hat sich trotz des neuerlichen Teil-Lockdowns im Vergleich zum Spätsommer leicht verbessert. „Wir beobachten, dass große Teile der Wirtschaft den hohen Infektionszahlen und den neuerlichen Einschränkungen trotzen“, erklärt Jürgen Steinmetz, Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittlerer Niederrhein „Das gilt aber selbstverständlich nicht für alle Branchen.“ Das sind die wesentliche Ergebnisse einer aktuellen IHK-Blitzumfrage bei rund 320 Unternehmen.
Nach wie vor melden etwas mehr Unternehmen eine schlechte (33 Prozent) als eine gute (29 Prozent) Geschäftslage. Der Anteil der Betriebe, die eine gute Lage melden, hat jedoch im Vergleich zum Spätsommer mit +7 Prozentpunkten weiter zugenommen. Der Klima-Index liegt bei 1,1, das ist leicht über dem Niveau der letzten Umfrage. Dass weite Teile der Wirtschaft nicht oder nur indirekt vom November-Lockdown betroffen sind, könnte wesentlich dazu beitragen, dass sich die wirtschaftliche Gesamtlage in der Region langsam, aber anhaltend verbessert. Hinzu kommt, dass durch die aktuell weitgehend geöffneten Schulen für viele Beschäftigte die Betreuung ihrer Kinder gesichert ist. Die Schließung der Schulen hatte im Frühjahr viele Mitarbeiter und somit auch Unternehmen vor große Schwierigkeiten gestellt.
Die wirtschaftliche Situation ist von Branche zu Branche jedoch sehr unterschiedlich. In der Industrie und bei einigen Dienstleistern läuft es deutlich besser als noch vor ein paar Monaten. „Insbesondere die besseren Werte der Industrie sind eine wichtige Botschaft“, so Steinmetz. „Das Produzierende Gewerbe ist schließlich Auftraggeber vieler weiterer Branchen.“ Die Großhändler melden zwar mehrheitlich noch eine schlechte Lage, sind aber immerhin positiver gestimmt als im Spätsommer.
Dagegen hat sich die Lage im Einzelhandel und in den von den Restriktionen direkt betroffenen Branchen wie dem Gastgewerbe und der Kultur- und Kreativwirtschaft verschlechtert. Steinmetz: „Ich mache mir insbesondere große Sorgen um den innerstädtischen Handel. Die Einzelhändler melden uns eine deutlich schlechtere Lage als bei der vergangenen Konjunkturumfrage.“ Der IHK-Hauptgeschäftsführer führt dies darauf zurück, dass die Kundenfrequenz in den Innenstädten aufgrund fehlender Gastronomieangebote zurzeit ausbleibt. Die Absage von Weihnachtsmärkten wird sich auch auf das Weihnachtsgeschäft auswirken. Gleichzeitig profitieren die Einzelhändler nicht von den Unterstützungsmaßnahmen des Staates. „Dass das Weihnachtsgeschäft aufgrund der Restriktionen und der Infektionslage in diesem Jahr nicht gut laufen wird, ist absehbar“, so Steinmetz. „Die Hilfsprogramme müssen angepasst werden, damit auch die innerstädtischen Händler profitieren.“
Rund 64 Prozent der Unternehmer insgesamt rechnen mit Umsatzrückgängen im Gesamtjahr 2020 im Vergleich zum Vorjahr – etwas mehr als bei der vergangenen Konjunkturumfrage. Die gesunkene Nachfrage ist und bleibt das größte Problem. Rund 58 Prozent der Unternehmen melden Nachfrageeinbußen. Ein weiteres Problem ist derzeit der Ausfall von Mitarbeitern, wie 30 Prozent der befragten Betriebe bestätigen. Auch durch fehlende Waren oder Dienstleistungen (16 Prozent) und logistische Engpässe bei Zulieferprodukten (20 Prozent) wird die Krise bei vielen Unternehmern derzeit spürbar. „Das ist aber kein Vergleich zu den Problemen im März“, so Steinmetz. Damals hatten fast 40 Prozent der Befragten fehlende Waren oder Dienstleistungen beklagt, 35 Prozent logistische Engpässe. Heute laufen viele Lieferbeziehungen wieder an. „Die europäischen Binnengrenzen sind offen. Das ist wichtig für die Exportwirtschaft“, erläutert Steinmetz. Problematisch ist die Situation dort, wo wichtige Ketten im Ausland durch Restriktionen aufgrund hoher Infektionszahlen erneut unterbrochen werden.
Dass die Krise noch lange nicht überwunden ist, zeigen auch die Erwartungen der Unternehmer: Sie ähneln den letzten Umfrageergebnissen im Spätsommer. Von der jetzigen Lage ausgehend, erwarten gut 30 Prozent eine Verbesserung im Jahr 2021, 23 Prozent eine Verschlechterung. Die meisten, gut 47 Prozent, glauben, dass die Lage im kommenden Jahr etwa gleichbleibt. „Die Unternehmen sind realistisch, dass es auch 2021 zu Einschränkungen kommen wird“, sagt Steinmetz. „Daran ändern auch die ermutigenden Nachrichten aus der Impfstoff-Forschung nichts.“