Die Universität Siegen kooperiert mit Kreis und Stadt Olpe, um Bildung im digitalen Zeitalter zu gestalten. Die Projektbeteiligten diskutierten jetzt Chancen und Herausforderungen. Wie wird Bildung in Zukunft aussehen? Die Universität Siegen, der Kreis und die Stadt Olpe sind in vielfältigen Kooperationsvorhaben auf dem Weg, konkrete Antworten auf diese Frage zu entwickeln. Beteiligt sind Akteure aus allen Phasen der (schulischen) Bildung. Ihr Ziel: Das große Thema „digitale Bildung“ gemeinsam anzugehen. Dies soll in mehreren, teils großformatigen Entwicklungsprojekten umgesetzt werden, von denen einige in den vergangenen Monaten bereits gestartet sind. Einige der Projektbeteiligten diskutierten jetzt in Olpe, welchen Chancen und Herausforderungen sie bisher bereits begegnet sind – und welche konkreten Ziele in der Zukunft noch gemeinsam umgesetzt werden sollen.
Die Basis für die Zusammenarbeit ist das Konzept „Bildungs Connector Olpe“ (bc:Olpe): Das Projekt umfasst einen Verbund aus derzeit acht Schulen und 13 HochschullehrerInnen. „Wir schauen mit dem Projekt in die Zukunft von Bildung“, sagte Ingo Witzke, Professor für Mathematikdidaktik und Mitinitiator der Verbundprojekte im Rahmen des bc:Olpe. Das Projekt verfolgt u. a. die nachhaltige Entwicklung digitaler Kompetenzen in Modellschulen verschiedener Schulformen. Dadurch, dass verschiedene Schulformen und viele Partner im Projekt vertreten sind, könne man eine systemische Forschung beispielsweise zu Übergängen in Bildungsbiographien starten, zum Beispiel zum Übergang von der Grundschule auf die weiterführende Schule. „Das ist eine herausragende Chance“, erklärte Witzke.
Neben systemischen Fragen geht es sowohl um die Kompetenzentwicklung bei Lehrerinnen und Lehrern, als auch um die Professionalisierung der Lehramtsausbildung an der Universität. Im Kreis Olpe soll dafür bis August 2021 ein Entwicklungs- und Forschungszentrum eingerichtet werden, um an den Schnittstellen zwischen Theorie und Praxis auf Augenhöhe Bildung zu erforschen und weiterzuentwickeln. Die für den Verbund konstituierende Gesamtversammlung aus VertreterInnen von Hochschulen, Schulen und Schulträgern findet am 29.10.2020 im Audimax der Universität Siegen statt,
„DigiMath4Edu“ heißt ein Projekt im Rahmen von bc:Olpe. Es hat Förderzusagen für ca. 1,4 Million Euro u. a. vom Ministerium für Kultur und Wissenschaft und dem Ministerium für Schule und Bildung NRW. Die WissenschaftlerInnen der Uni Siegen führen an 15 Beispielschulen in den Kreisen Olpe und Siegen-Wittgenstein den Mathematikunterricht ins digitale Zeitalter. „Wir möchten das didaktische Repertoire der LehrerInnen erweitern, damit sie entscheiden können, wie, wo und wann es sinnvoll ist, digitale Medien einzusetzen“, erklärte Witzke in der Diskussionsrunde. „Außerdem wollen wir die LehrerInnen ermutigen, sich auszuprobieren.“ Unter anderem erhalten alle teilnehmenden Schulen über ein Jahr jeweils zwei Assistenten für digitale Bildung für den Unterricht.
Bei „MINT-Pro2Digi“, einem weiteren Projekt im Rahmen der Kooperation, geht es um das Thema Berufsvorbereitung. An zehn Orten in den Kreisen Olpe und Siegen-Wittgenstein werden außerunterrichtliche Nachmittagsprogramme in den MINT-Bereichen angeboten, sogenannte MINT-Clubs. MINT steht für Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik. Dort können Schülerinnen und Schüler ihr schulisches Wissen nutzen, um Probleme aus Unternehmen vor Ort zu lösen. „Durch den Praxisbezug und den Kontakt zu echten Unternehmen gewinnt unser Unterrichtsstoff enorm an Authentizität“, berichtete Magnus Reifenrath, Physiklehrer am Gymnasium Maria Königin in Lennestadt.
Neben den drei bereits konkretisierten Projekten stehen weitere in den Startlöchern. „Wir arbeiten hier mit Partnern zusammen, die man sich nur wünschen kann“, lobte Prof. Dr. Alexandra Nonnenmacher, Prorektorin für Bildung an der Uni Siegen im Rahmen der Diskussion. „Es ist eine große Chance für die Schulen, von der Uni zu profitieren“, erklärte Olpes Bürgermeister Peter Weber.
Eines der Ziele sei es, den Kindern und Jugendlichen den Spaß an MINT-Fächern zu vermitteln, sodass sie im besten Fall später eine naturwissenschaftliche oder technische Ausbildung oder ein entsprechendes Studium aufnehmen, erläuterte Werner Pfeifenroth (Regionalbetreuer des Förderprogramms EFRE-zdi / Landesinitiative „Zukunft durch Innovation.NRW“). Theo Melcher, Kreisdirektor des Kreises Olpe, stimmte zu: „Ohne digitale Kompetenzen wird unsere Region keine Zukunft haben.“ Till Kramer, Geschäftsführer der dicomputer GmbH aus Olpe und Kooperationspartner im MINT-Pro2Digi-Projekt, ergänzte: „Eine digitale Grundausbildung ist eine entscheidende Einstellungsvoraussetzung, vor allem bei Bewerberinnen und Bewerbern um Ausbildungsstellen.“
Timo und Leon sind zwei der Schüler, die in den vergangenen Jahren im Unterricht bereits von ForscherInnen der Uni Siegen begleitet worden sind und zum Beispiel im Mathematikunterricht mit einem 3D-Drucker arbeiten konnten. „Wir haben vorher im Unterricht vor allem an der Tafel gelernt“, berichtete Timo. „Aber als unser Lehrer den 3D-Drucker vorgestellt hat, waren plötzlich alle hellwach.“ Beim Thema Stochastik zum Beispiel sollten die SchülerInnen einen Würfel entwerfen, der möglichst selten auf der Zahl 1 landet. Jede Gruppe entwickelte und druckte ihren Würfel. Heraus kamen zum Beispiel ein 20-seitiger Würfel und Würfel mit Gewichten im Gehäuse. „Mit dem Drucker konnten wir ganz praktisch arbeiten. Wir hatten etwas in der Hand“, erklärte Leon. „So etwas bleibt viel eher in Erinnerung.“