Die bisher kräftige Stimmungserholung der kleineren und mittleren Unternehmen in Deutschland nimmt ab: Zwar ist im August das mittelständische Geschäftsklima zum vierten Mal in Folge angestiegen, jedoch mit 2,8 Zählern auf jetzt -9,7 Saldenpunkte deutlich weniger stark als in den Monaten davor. Die Geschäftserwartungen legen dabei nur noch leicht zu (+1,2 Zähler auf -5,0 Saldenpunkte). Die Lageurteile verbessern sich hingegen deutlicher und ziehen um 4,4 Zähler auf -14,9 Saldenpunkte an.
Auch in den Großunternehmen legt im August die Stimmung zu: Ihr Geschäftsklima steigt um starke 8,4 Zähler und erreicht mit -8,5 Saldenpunkten praktisch wieder das Vorkrisenniveau. Ursächlich dafür ist allerdings ausschließlich die Zuversicht der Großunternehmen, dass sich die kommenden Geschäfte wieder besser entwickeln werden
(+5,2 Zähler auf 12,5 Saldenpunkte). Die aktuelle Geschäftslage der großen Unternehmen bleibt trotz eines großen Sprungs im August noch immer tief im Keller (+11,2 Zähler auf -29,3 Saldenpunkte).
Beim Blick in die Branchen zeigt sich im August der Einzelhandel als Stimmungs-Spitzenreiter in der deutschen Wirtschaft. Er profitiert nicht nur von der temporären Mehrwertsteuersenkung zur Jahresmitte.
Auch weitere Maßnahmen, die die private Kaufkraft und damit den Konsum stabilisieren, wie etwa das Kurzarbeitergeld, schlagen sich positiv nieder. Bei den großen Einzelhändlern, zu denen unter anderem die Autohändler zählen, steigt das Geschäftsklima erdrutschartig um
18,8 Zähler auf 9,5 Saldenpunkte. Die mittelständischen Einzelhändler halten knapp ihr seit Juli positives Klimaniveau (-0,5 Zähler auf 8,0 Saldenpunkte). Am unteren Ende der Geschäftsklimatabelle sind weiterhin die im internationalen Geschäft besonders engagierten Wirtschaftsbereiche zu finden, nämlich das Verarbeitende Gewerbe und der Großhandel.
„Nachdem das Geschäftsklima ab Mai nach der Lockerung der Corona-Beschränkungen zunächst mit Rekordsprüngen in die Höhe geschossen war, nimmt das Tempo der Stimmungsverbesserung nun deutlich ab“, kommentiert Dr. Fritzi Köhler-Geib, Chefvolkswirtin der KfW, die aktuellen Ergebnisse des KfW-ifo-Mittelstandsbarometers.
„Der leichte Teil der Erholung ist vorbei. Eine weitere Annäherung an das Vorkrisenniveau der Wirtschaftsaktivität im nahenden Herbst und Winter wird eher zäh.“ Vor allem die exportorientierte Industrie müsse sich auf zunehmenden nachfrageseitigen Gegenwind einstellen.
„Bei weiter rapide steigenden Corona-Infektionszahlen rund um den Globus bleibt die Unsicherheit enorm hoch und bremst die Investitionstätigkeit von Unternehmen im In- und Ausland. Die auf hochwertige Investitionsgüter spezialisierte deutsche Exportindustrie bekommt dies besonders zu spüren.“
Daneben dürfte die Arbeitslosigkeit in Europa zunächst weiter zunehmen, was Zweitrundeneffekte auf den Konsum und insbesondere auf den Absatz von langlebigen Gütern wie beispielsweise Autos haben dürfte. Auch in Deutschland ist es keineswegs sicher, dass alle von Kurzarbeit Betroffenen später tatsächlich an ihren angestammten Arbeitsplatz zurückkehren können. „Für eine nahtlose Konjunkturerholung ist es deshalb wichtig, dass möglichst viele die Kurzarbeitsphase zur Weiterbildung nutzen und beispielsweise ihre digitalen Kompetenzen stärken“, so Köhler-Geib. Alles in allem erwartet KfW Research – trotz einsetzender Erholung ab dem dritten Quartal – im Gesamtjahr 2020 einen Rückgang des deutschen Bruttoinlandsprodukts um rund 6 %, gefolgt von einem Wachstum von 5 % im nächsten Jahr. Das Vorkrisenniveau vom vierten Quartal 2019 dürfte erst Ende 2021 wieder erreicht werden. Und weiterhin gilt: Eine starke zweite Infektionswelle bleibt das größte Konjunkturrisiko.