Wie kann man konventionelle Fahrzeuge einfach und schnell zu einem elektrisch angetriebenen Hybrid umrüsten? Kann man aus Abwasser Wasserstoff herstellen? Nordrhein-Westfalens Universitäten, Hochschulen und Forschungseinrichtungen arbeiten an vielen spannenden Projekten. Damit innovative Ergebnisse aus der Energieforschung schneller umgesetzt werden, hat die Landesregierung das Förderprogramm progres.nrw – Research aufgelegt. Seit dem Start vor sechs Monaten sind bereits mehr als 30 Förderanträge eingegangen. Die ersten 19 Bewilligungsbescheide mit einem Fördervolumen von mehr als einer Million Euro wurden nun verschickt.
Wirtschafts- und Energieminister Prof. Dr. Andreas Pinkwart: „An den Hochschulen und Forschungseinrichtungen in Nordrhein-Westfalen schlummert enormes Potenzial. Die Forschungsergebnisse können das Energiesystem der Zukunft und den Klimaschutz maßgeblich voranbringen. Mit unserem neuen Programm schließen wir die Lücke zwischen Grundlagenforschung und anwendungsorientierter Forschung und ich freue mich sehr, dass die Nachfrage danach so stark ist. Wir brauchen diese wichtigen Innovationen, wenn wir unsere Ziele für ein CO2-armes Energiesystem, den Klimaschutz und die klimaneutrale Industrie der Zukunft zügig erreichen wollen.“
Folgende Projektvorhaben wurden bereits bewilligt:
Mobilität:
eWheel2Car: Die Technische Hochschule Köln möchte einen elektrischen Radnabenantrieb auf den Markt bringen. Damit ist es möglich, jeden konventionellen Pkw und Lieferwagen bis 3,5 Tonnen vergleichsweise einfach zu einem elektrisch angetriebenen Hybrid-Fahrzeug umzurüsten.
EELA: Ein typischer Landeanflug auf große Verkehrsflughäfen folgt einer vorgegebenen Route mit Sink- und Horizontalflugphasen. Die FernUni Hagen entwickelt ein neues Verfahren, das kontinuierliche Sinkflüge im Rahmen der Landung ermöglicht. Das soll dazu beitragen, Lärmemissionen, Kerosinverbrauch und CO2-Emissionen zu reduzieren.
ProBEV: Im Projekt der Universität Paderborn wird der gesamte Entwicklungs- und Herstellungsprozess hybrider PKW-Batteriegehäuse aus Faser-Metall-Laminaten verwirklicht. Die Hybridwerkstoffe sind nicht nur leichter als aktuelle Gehäusetypen, sondern verringern auch die Brandgefahr im Fall einer defekten Batteriezelle.
Wasserstoff
Valid-H2: Mit der „dunklen Fermentation“ beschäftigt sich das Projekt Valid-H2 an der Fachhochschule Münster. In dem biologischen Verfahren werden biogene Reststoffe und Abwässer genutzt, um Wasserstoff herzustellen.
H2UPSCALE: Die kommerzielle Nutzung der biogenen Wasserstoffproduktion durch Grünalgen treibt die Westfälische Wilhelm-Universität Münster voran. Ziel ist es, durch verbesserte Wachstumsbedingungen der Algen den Ertrag zu steigern und die Kosten zu reduzieren.
HydraBond: Die Westfälische Hochschule arbeitet an der Optimierung eines Verfahrens zur Wasserstoffproduktion aus regenerativen Energiequellen. Dabei wird unter hohem Druck Wasserstoff hergestellt, weshalb spezielle Kunststoffrahmen benötigt werden. Das Projekt hat einen Ansatz entwickelt, um dies mit Hilfe eines geeigneten Klebstoffs zu verwirklichen.
H2RadiantTube: An der RWTH Aachen wird der Einsatz von Wasserstoff als Brennstoff in Strahlheizrohren analysiert. Die Schwerpunkte liegen dabei auf Messungen zur Prozessstabilität, Schadstoffemissionen, Wirkungsgrad sowie CO2-Einsparungen. Ebenso erfolgt eine praktische Untersuchung der Auswirkungen auf die Lebensdauer der Rohre.
Kosten- und Ressourceneffizienz
Printed-ORC-Blades: An der Fachhochschule Münster wird an der Wirtschaftlichkeit von „Organic-Rankine-Cycle-Anlagen“ gearbeitet. Diese bergen ein hohes Potenzial zur ressourcen- und umweltschonenden Nutzung von Niedertemperaturquellen.
IMA-Fließpressen: Im Zentrum des Projekts der Universität Paderborn steht die Senkung des Material- und Energieverbrauchs in der PKW-Produktion durch innovative Leichtbaustrategien. Validiert wird der Einsatz glasfasermattenverstärkten Thermoplasts im Fließpressverfahren.
R-Los: Die Universität Paderborn will die Produktivität durch selektive Laserstrahlschmelzung steigern. Das Fertigungsverfahren ermöglicht vor allem in den Bereichen Öl und Gas sowie der Windkrafttechnik enorme Produktivitätssteigerungen und Energieeinsparungen.
FIRAC: Ziel des Projekts der Universität Paderborn ist die Konstruktion einer praxistauglichen Anlage zum energiesparenden Recycling von Aluminium-Spänen.
ARB-FFP: Mit der Kombination verschiedener Produktionsprozesse wird in dem Forschungsprojekt der Universität Paderborn Energie bei der Herstellung von Aluminiumwerkstoffen eingespart.
Solartechnologie
nanoDSSC: Die Fachhochschule Bielefeld forscht an Farbstoffsolarzellen, die aus ungiftigen Materialien hergestellt und in Textilien eingearbeitet werden können. Mit nanoDSSC sollen großflächige Farbstoffsolarzellen ermöglicht werden, die in Zelte oder Stadiondächer integriert werden können. Genutzt wird dazu ein spezielles Verfahren, das „Elektrospinnen“, das im Rahmen des Projekts vereinfacht und optimiert werden soll.
iPVModule: Eine intelligente Photovoltaik-Moduldatenbank will die Fachhochschule Bielefeld entwickeln und führt dazu Monitoring- und Messdaten aus zahlreichen Solarfeldern zusammen. Auf Basis der ausgewerteten Daten werden selbstlernende Künstliche-Intelligenz-Algorithmen entwickelt, die die Leistung von Photovoltaik-Modulen prognostizieren und ihre Qualität bewerten können.
Netzstabilität und Energiesystemanalyse
Supra-Iso-420: Die Technische Hochschule Köln forscht an neuen Strombegrenzern auf Basis von Supraleitern, um Fehlerströme im Netz zu reduzieren. Das ist wichtig für die Netzstabilität, da mit steigender Integration erneuerbarer Energien ins Netz auch größere Fehlerströme erwartet werden. Zentraler Ansatzpunkt sind besondere elektrische Isoliersysteme aus flüssigem Stickstoff und festen Isolierstoffen.
VRFBKlärwerk: Die Westfälische Hochschule Gelsenkirchen Bocholt Recklinghausen untersucht, wie stationäre Energiespeicher in Kläranlagen eingesetzt werden können. Ziel ist es, den zu Zeiten geringer Auslastung erzeugten Energieüberschuss mit Hilfe von Vanadium-Redox-Flow-Batterien zu speichern.
MessDyna: Derzeitige Modelle von Verteilnetzen können oft nicht hinreichend genaue Aussagen zur Stabilitätsbewertung liefern. Die Universität Duisburg-Essen untersucht im Projekt MessDyna Methoden zur Bestimmung und Verbesserung äquivalenter Modelle von Verteilnetzen.
CoCo: Um Strom aus dem windreichen Norden in den Süden Deutschlands zu leiten, ist der Einsatz von Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragungs-Trassen notwendig. Die Fachhochschule Südwestfalen erforscht Möglichkeiten zur Optimierung der Schraubverbinder, mit denen die Kabelabschnitte verbunden werden.
AGenT-DE: Welche Anforderungen und Bedingungen stellt die Energiewende an die unterschiedlichen Akteure? Die Fachhochschule Aachen hat eine Simulationsumgebung des deutschen Strommarktes entwickelt, über die erstmals sowohl das Akteursverhalten als auch die daraus resultierenden Lastflüsse abgebildet werden können