Bielefeld. Nach längerer Durststrecke erlebte die Gründerszene in Ostwestfalen im Jahr 2019 mit einem Plus von 6,8 Prozent wieder einen deutlichen Aufschwung; diese erfreuliche Jahresbilanz wird jedoch durch die Auswirkungen der Corona-Pandemie getrübt, wie der Gründungsreport 2020 der Industrie- und Handelskammer Ostwestfalen zu Bielefeld belegt: „Das Virus hat in der ersten Jahreshälfte 2020 auch das Gründungsgeschehen infiziert und die Gewerbeanmeldungen im Vorjahresvergleich teilweise erheblich zurückgehen lassen“, berichtet Harald Grefe, stellvertretender IHK-Hauptgeschäftsführer. „Die Gründungseuphorie wurde durch Corona ausgebremst.“
Traditionell analysiert der jährlich erscheinende IHK-Report die Gründungslandschaft des jeweils vorangegangenen Jahres. Aus aktuellem Anlass wurden diese Ergebnisse erweitert um die Sondereinflüsse der Corona-Krise im ersten Halbjahr 2020. Die Mitte März in Kraft getretenen weitreichenden Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Corona-Virus dürften der Grund für einen Rückgang der Gewerbeanmeldungen um 11,8 Prozent im ersten Halbjahr 2020 gegenüber dem Vorjahresvergleichszeitraum gewesen sein. Der merkliche Einbruch erfolgte im Mai: Hier lag der Rückgang bei 26,2 Prozent. „Die Corona-Krise scheint damit eine deutliche Zurückhaltung bei potenziellen Gründern ausgelöst zu haben, die in Anbetracht der nur schwer abschätzbaren Auswirkungen der Krise eine durchaus nachvollziehbare Reaktion ist“, erläutert Grefe. „Entscheidend wird sein, ob die Gründungsvorhaben nur temporär auf Eis gelegt oder dauerhaft aufgegeben werden.“
Der Optimismus, dass es sich eher um einen temporären Rückgang handele und die Gründungsideen zeitversetzt an den Start gingen, wird durch die überaus regen Gründungsaktivitäten im Jahr 2019 genährt. Erstmals in fünf Jahren stieg in 2019 die Anzahl der angemeldeten Kleingewerbe und Eintragungen in das Handelsregister deutlich um 6,8 Prozent an – und dies über alle Kreise im IHK-Bezirk hinweg. „Damit liegt die Region in 2019 weit über dem bundesweiten Wachstum von 0,6 Prozent und zeigt, dass sich ein bemerkenswerter Gründergeist in Ostwestfalen breitgemacht hat und großartige Geschäftsideen erfolgreich in die Tat umgesetzt werden“, betont Thomas Mikulsky, IHK-Referatsleiter Existenzgründung und Unternehmensförderung.
Erstmals nimmt der IHK-Gründungsreport das Alter der Gründerinnen und Gründer in den Blick. „Erfreulich ist, dass viele junge Menschen bereits gründen: Die Gründungsbereitschaft ist in den Altersklassen 30 bis 34 Jahre und 25 bis 29 Jahre besonders hoch“, hebt IHK-Existenzgründungsberaterin Kathrin Teschke hervor. Zudem fänden zukunftsweisende Themen wie Digitalisierung und Nachhaltigkeit insbesondere in der jungen Gründerszene Anklang wie durch die beiden porträtierten Startups im Report veranschaulicht werde. Die Verteilung von Männern und Frauen sei über die Altersgruppen relativ ähnlich. Frauen gründeten jedoch häufig später. Bis Mitte 30 dominierten Männer das Gründungsgeschehen, bis zu einem Alter von 60 Jahren gründeten mehr Frauen als Männer.
Alle analysierten Trends im Jahr 2019 stellen laut IHK eine klare Bereicherung für den Wirtschaftsstandort Ostwestfalen dar. „Nun gilt es, diesen positiven Schwung von 2019 zu nutzen, um die aktuellen Herausforderungen zu meistern und den Weg in eine weiter wachsende Wirtschaft zu ebnen“, blickt Grefe voraus. Der IHK-Gründungsreport will Gründungsinteressierten, politischen Entscheidern, Institutionen und Multiplikatoren Mut machen, Gründungen aktiv zu unterstützen – gerade in und insbesondere nach der jetzigen Krise.
Der IHK-Gründungsreport 2020 kann im Internet unter www.ostwestfalen.ihk.de abgerufen werden.