Die Energiewende verknüpft die Infrastrukturen der Sektoren Strom und Wärme immer engmaschiger. Damit die Sektorkopplung in Gebäuden und Quartieren gelingt, braucht es umfassende Modelle und moderne Werkzeuge für die Planung und den Betrieb entsprechender technischer Anlagen. Das nun gestartete Projekt »ODH@Jülich« wird diese Software-Werkzeuge erstellen. Den Bewilligungsbescheid des Bundesministeriums für Bildung und Forschung für die viereinhalbjährige Finanzierung von rund 7,5 Millionen Euro hat Staatssekretär Thomas Rachel den beiden Institutsleitern Mario Ragwitz und Rolf Bracke am neusten Standort der Fraunhofer-Einrichtung für Energieinfrastrukturen und Geothermie IEG im Brainergy Park Jülich überreicht.
Der Austausch von Energie zwischen Sektoren – wie Strom, Mobilität und Wärme – bietet viele Chancen für den nachhaltigen, kohlendioxidneutralen Umbau des Energiesystems. Erneuerbarer Strom etwa könnte jene Sektoren versorgen, die heutzutage vorrangig fossile Energieträger einsetzen – allen voran die Wärmeerzeugung in Quartieren. Dafür gibt es viele erfolgreiche Beispiele, die nun – lokal angepasst – als intelligente, ganzheitliche Quartierskonzepte flächendeckend Anwendung finden sollen.
Die Verknüpfung der Sektoren schafft jedoch ein komplexes System mit starken Wechselwirkungen und Rückkopplungen. Das Projekt »ODH@Jülich« entwickelt ein für alle Nutzer offenes, alle Sektoren integrierendes Planungs- und Simulationswerkzeug für dieses System. Es legt so die Basis für eine flächendeckende Sektor-überschreitende Energieversorgung in Stadtquartieren sowie deren (teil-)automatisierten Planungs- und Betriebsführungsprozess. Es erleichtert so Investitionsentscheidungen für Versorgungssysteme, die jahrzehntelang ihren Dienst tun sollen. Koordiniert wird der Open District Hub at Jülich (ODH@Jülich) vom Fraunhofer IEG, weitere Partner sind Fraunhofer ISI, FIT, IESE, IOSB und UMSICHT. Mit dem Projekt »ODH@Jülich« nehmen zudem die ersten 5 Mitarbeiter des Fraunhofer IEG ihre Arbeit am neuen Standort Jülich auf. Das BMBF fördert ODH@Jülich für 4,5 Jahre mit 7,5 Millionen Euro.
»Wir wollen und werden die Chancen des Strukturwandels für das Rheinische Revier nutzen«, sagt Thomas Rachel, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF). »Das künftige Fraunhofer-Institut für Energieinfrastrukturen und Geothermie in Jülich arbeitet an zentralen Innovationen für die Energiewende. Mit digitalen Instrumenten sollen die Bereiche Strom, Wärme und Verkehr intelligent verknüpft werden. Dabei sollen Kooperationen mit dem Mittelstand und energiewirtschaftliche Geschäftsmodelle in der Region angeboten werden. Mit dem Forschungsprojekt ODH@Jülich wird innovative Software entwickelt, mit der eine nachhaltige Energieversorgung für Stadtgebiete ermöglicht wird. Das ist wichtig für die Energiewende. Deshalb fördert das Bundesministerium für Bildung und Forschung das Vorhaben mit 7,5 Millionen €.«
»Die Wärmeerzeugung in Quartieren basiert heutzutage vorrangig auf fossilen Energieträgern, obwohl es viele erfolgreiche Beispiele gibt, wie es auch kohlendioxidneutral geht«, erklärt Professor Mario Ragwitz, Leiter des Fraunhofer IEG und Koordinator des Projektes ODH@Jülich. »Mit ODH@Jülich bündeln wir einerseits Beispiele, Konzepte, Methoden und Daten. Andererseits entwickeln wir die Werkzeuge für die Fachplaner und Architekten, um das gesammelte Wissen schnell und einfach in maßgeschneiderte Lösungen für die Projekte vor Ort fließen zu lassen.«
Das Projekt ODH@Jülich erarbeitet wissenschaftlich fundierte, datenbasierte Methoden für die Entwicklung eines digitalen Planungs- und Simulationswerkzeugs für die Energieversorgung in Quartieren. Aktuell gibt es noch kein Planungswerkzeug, welches sowohl die technologische Vielfalt als auch die unterschiedlichen Planungstiefen abbilden kann. Auch fehlen den bestehenden Modellen die gebäudescharfe und sektorübergreifende Betrachtung. Die Ergebnisse des Jülicher Projektes werden soweit möglich als offene Software konzipiert, stehen so einem weiten Kreis an Interessenten zur Verfügung und können in die Planung vieler kommender Quartiere einfließen. ODH@Jülich ist Teil des Vereins Open District Hub, in dem einschlägige Firmen und Forschungsinstitute organisiert sind, und in dem Wissen und Konzepte ausgetauscht werden.
Das Projekt profitiert am Standort Jülich von der Nähe zu den einschlägigen Forschungsgruppen an der RWTH Aachen, dem Forschungszentrum Jülich und insbesondere der Arbeitsgruppe von Ulf Hermann, Leiter des Solar-Instituts Jülich und Professor für regenerative Energietechnik an der Fachhochschule Aachen.
Die Partner im Projekt ODH@Jülich:
- Fraunhofer-Einrichtung für Energieinfrastrukturen und Geothermie IEG, Standorte Jülich, Karlsruhe und Cottbus, Koordinator
- Fraunhofer-Institut für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung IOSB, Standort Ilmenau
- Fraunhofer-Institut für Angewandte Informationstechnik FIT, Standorte Augsburg und Bayreuth
- Fraunhofer-Institut für Experimentelles Software Engineering IESE, Standort Kaiserslautern
- Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik UMSICHT, Standort Oberhausen
- Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI, Standort Karlsruhe
Der Verein Open District Hub treibt die vollintegrierte und automatisierte Sektorkopplung voran. Er initiiert und begleitet Pilot-Quartiere im Neubau und Bestand. Er ermöglicht innovative Geschäftsmodelle, die zur Reduktion des Ausstoßes von Kohlendioxid beitragen. Bestehende Insellösungen werden wirtschaftlich sinnvoll so verknüpft, dass eine offene und skalierbare Systemlösung entlang der Wertschöpfungskette entsteht. Gemeinsam schaffen seine Mitglieder aus Wirtschaft und Wissenschaft einen Standard, um lokale und erneuerbare Energien in die die Planung, den Neu- und Umbau, die Regulierung und Bewirtschaftung von Quartieren zu integrieren. Mehr: https://opendistricthub.de/
Die Transformation der Energieversorgung von den großen zentralen Strukturen der Braun- und Steinkohleverbrennung auf dezentrale und klimaneutrale Systeme stellen unsere Gesellschaft und die Wirtschaft in Deutschland vor große Herausforderungen. Um die Energiewende weiter voranzutreiben und das bestehende Fraunhofer-Portfolio zu ergänzen, hat die Fraunhofer-Gesellschaft im Dezember 2019 die »Fraunhofer-Einrichtung für Energieinfrastrukturen und Geothermie IEG« gegründet. Wesentliche Bestandteile der neuen Einrichtung sind die Integration des Internationalen Geothermiezentrums Bochum (GZB) in die Fraunhofer-Gesellschaft sowie der Aufbau zweier weiterer Institutsteile zu Energieinfrastrukturen in Cottbus und zur Sektorkopplung im Quartier in Jülich. Die Standorte schlagen eine Brücke zwischen den vom Strukturwandel besonders betroffenen Regionen im Westen und Osten Deutschlands. Das Fraunhofer IEG wird zudem an den Außenstellen in Aachen/Weisweiler und Zittau forschen. Mehr: https://www.ieg.fraunhofer.de/