Austausch zum Strukturwandel: Strukturstärkungsgesetz soll vor der Sommerpause verabschiedet werden

Eine gute Nachricht für die Wirtschaft im Rheinischen Revier hatte Elisabeth Winkelmeier-Becker bei ihrem Besuch in Mönchengladbach im Gepäck: „Vor der Sommerpause soll das Gesetzespaket zum Kohleausstieg verabschiedet werden“, erklärte die Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundeswirtschaftsministerium im Rahmen eines Gedankenaustauschs mit Politikern, Unternehmern und Wirtschaftsvertretern aus Mönchengladbach und dem Rhein-Kreis Neuss. „Dann können die Mittel zur Gestaltung des Strukturwandels bereitgestellt werden, und da Nordrhein-Westfalen zuerst Kraftwerkskapazitäten stilllegen wird, wird das Rheinische Revier auch als erste Region davon profitieren.“

Jürgen Steinmetz, Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittlerer Niederrhein, begrüßte die Nachricht und erinnerte daran, dass seit dem Aushandeln des sogenannten Kohlekompromisses inzwischen anderthalb Jahre vergangen sind: „Umso mehr freuen wir uns, dass bald die Mittel zur Verfügung stehen, um wichtige Projekte in der Region umzusetzen.“ Für Mönchengladbach geht es unter anderem um die Schaffung eines Wissenscampus‘ auf dem Gelände des ehemaligen Polizeipräsidiums an der Theodor-Heuss-Straße. Dort soll ein Zentrum für Forscher, Entwickler, Gründer und Start-ups entstehen.

„Unsere Region steht jetzt vor einer doppelten Belastung: Sie muss den Strukturwandel unter den Bedingungen der Corona-Pandemie bewältigen“, sagte IHK-Vizepräsident Dr. Claus Schwenzer. „Dazu gehört auch, dass die Strom- und Energiepreise für Unternehmen wegen des Kohleausstiegs, des im nächsten Jahr in Kraft tretenden nationalen Emissionshandels und nicht zuletzt der Corona-Pandemie aller Voraussicht nach erheblich steigen werden.“ Gerade unter diesen Bedingungen gilt es, komplexe Wertschöpfungsketten zu bewahren. „Industrien, die wir einmal verloren haben, kehren nie wieder zurück.“ In diesem Zusammenhang erinnerte Volker Backs, Geschäftsführer der Hydro Aluminium Deutschland GmbH in Grevenbroich, an die Vereinbarungen der sogenannten Kohlekommission: „Die Kompensation der steigenden Preise für die Wirtschaft sind fester Bestandteil des Kohlekompromisses. Der jetzige Gesetzentwurf ist allerdings viel zu unverbindlich. Investitionen in Deutschland in die energieintensive Industrie sind damit nahezu unmöglich.“ Das gefährde bereits kurz bis mittelfristig die Standorte. „Hier müssen verbindliche Regelungen zur Kompensation von lokalen Mehrkosten die globale Wettbewerbsfähigkeit sichern”, so Backs.

Dr. Günter Krings, Mönchengladbacher Bundestagsabgeordneter und Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Innern, plädierte dafür, den Strukturwandel als langfristiges Projekt zu verstehen – auch bezüglich der Finanzierung: „Ein Sondervermögen wäre sicherlich das ideale Instrument.“ Winkelmeier-Becker teilte diese Einschätzung und plädierte gleichzeitig dafür, den Wandel auch als Chance zu begreifen und warb für Optimismus. „Neue Technologien wie die Wasserstoffnutzung, Erneuerbare Energien oder die Batteriezellen bieten der Wirtschaft auch vielversprechende Möglichkeiten“, sagte die Parlamentarische Staatssekretärin. „Regionen, die sich jetzt damit befassen, haben die Chance, sich in diesen Zukunftsbereichen an die Spitze zu setzen – das ist letztlich auch ein Wettbewerbsvorteil.“ Die Strukturfördermittel seien dafür die Starthilfe.

Die Expertenrunde war sich einig, dass dies nur gelingen kann, wenn Brüssel die Beihilferegeln entsprechend anpasst, damit nationale Budgets auch dafür verwendet werden können, neue Technologien voranzutreiben.

Foto: Sie trafen sich zum Austausch in Mönchengladbach (v.l.): Dr. Günter Krings (Mönchengladbacher Bundestagsabgeordneter und Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Innern), Elisabeth Winkelmeier-Becker (Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundeswirtschaftsministerium), Jürgen Steinmetz (Hauptgeschäftsführer der IHK Mittlerer Niederrhein) und Dr. Claus Schwenzer (Vizepräsident der IHK Mittlerer Niederrhein). – Foto: IHK