Schulen stehen derzeit vor der Herausforderung, Unterricht fernab des Klassenraums anzubieten. Nur zwei Drittel der Schulen haben dafür aber ein Gesamtkonzept. Das zeigt eine aktuelle für Deutschland repräsentative Lehrkräfte-Umfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach im Auftrag der Vodafone Stiftung Deutschland. Prof. Dr. Birgit Eickelmann und Dr. Kerstin Drossel von der Universität Paderborn haben die Studie entwickelt und die Daten analysiert. Sie zeigt, dass Bund und Länder ihre Schulen zukünftig noch stärker unterstützen müssen.
„Die Studie zeigt, wie wichtig es ist, Schulen und Lehrkräfte in der Pandemie-Zeit zukünftig noch besser zu unterstützen. Deutschland braucht ein bundesländerübergreifendes Gesamtkonzept für den schulischen Bildungsbereich und finanzielle Sofortmaßnahmen, um die Gestaltung von Schule so zu ermöglichen, dass wirklich alle Kinder und Jugendlichen von den schulischen Bildungsangeboten profitieren. Größere Anstrengungen sind in Deutschland vor allem im Bereich des digital gestützten Lernens notwendig“, stellt Eickelmann mit Blick auf zukünftige Entwicklungen fest.
Bei der Befragung gaben 87 Prozent der Lehrkräfte an, dass ihnen der Kontakt zu Schülerinnen und Schülern wichtig sei. Dabei gelingt es allerdings lediglich etwa einem Drittel (35 Prozent) der Lehrkräfte, Kontakt zu sämtlichen Schülerinnen und Schülern zu halten. Etwa die Hälfte (52 Prozent) erreicht zumindest den Großteil ihrer Schüler. Lediglich 3 Prozent haben derzeit keinen Kontakt zu ihren Schülerinnen und Schülern. Das, so Eickelmann, wird sich mit der schrittweisen Öffnung der Schulen ändern. Es bleibt aber die Frage, ob und wie das schulische Lernangebot, alle Schülerinnen und Schüler tatsächlich erreicht. Besonders auffällig in der Studie: Knapp mehr als die Hälfte der Lehrkräfte befürchtet, dass durch den Unterricht fernab der Schule der Einfluss des Elternhauses auf die schulischen Leistungen der Schülerinnen und Schüler zugenommen hat. An Grundschulen sind es sogar fast zwei Drittel der Lehrkräfte, die sich sorgen, dass auf diese Weise bereits bestehende soziale Ungleichheiten zunehmen könnten.
Rund ein Viertel der Befragten geben an, bei der Umsetzung von Unterrichtsinhalten aktuell komplett auf sich allein gestellt zu sein. Mit einem schulischen Gesamtkonzept arbeiten 32 Prozent der Lehrkräfte, während 41 Prozent den Unterricht in Kooperation mit anderen Lehrkräften organisieren. Kritik gibt es auch an den Schulbehörden und zuständigen Ministerien: 38 Prozent der Lehrkräfte fühlten sich in der momentanen Situation von ihnen bereits zur Zeit der Schulschließung nicht gut informiert.
Bei der Auswertung der Studie stellen die Paderborner Wissenschaftlerinnen fest, dass Schulen, die bereits vor der Corona-Krise in der Digitalisierung weiter fortgeschritten waren, die Schülerinnen und Schüler verlässlicher erreichen können. Schulen, die in dieser Hinsicht eine Vorreiterrolle einnehmen, greifen zudem vergleichsweise effektiver auf entsprechende Methoden zurück (42 Prozent gegenüber 25 Prozent an anderen Schulen). Ebenso erreichen sie die Schülerschaft häufiger problemlos (83 Prozent gegenüber 70 Prozent). An den schon fortgeschritten digitalisierten Schulen sind es mit 36 Prozent deutlich weniger der Lehrkräfte, die befürchten, dass durch den Unterricht zuhause der Einfluss des Elternhauses auf die schulischen Leistungen zugenommen haben könnte.
Die Ergebnisse der Studie machen deutlich, dass die Universität Paderborn mit den Entwicklungen, digitale Kompetenzen schon in der Lehrerausbildung zu verankern, auf dem richtigen Weg ist. Jetzt allerdings, so Eickelmann, steht zunächst der Schulbereich vor der großen Aufgabe, zunächst die Zeit bis zu den Sommerferien möglichst gut zu organisieren und schon Pläne, auch unter Einbezug von Bildungsexpertinnen und -experten, für die Zeit nach den Sommerferien zu entwerfen, damit es dann reibungslos für alle Schulen weitergehen kann.