Einem Team aus über 500 Physikerinnen und Physikern von 60 Universitäten und Forschungsinstituten ist es im Rahmen des T2K-Experiments in Japan gelungen, einen Unterschied zwischen Materie und Antimaterie nachzuweisen. Die Messung wird in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift „nature“ veröffentlicht. Diese reserviert dafür ihre Titelseite mit der Schlagzeile „The mirror crack’d“ („Der Spiegel ist zerbrochen“) und weist damit auf die verletzte Spiegelsymmetrie zwischen Materie und Antimaterie hin. Am T2K-Experiment ist auch ein Team der RWTH Aachen unter Leitung von Professor Stefan Roth vom III. Physikalischen Institut B beteiligt.
Die Forschungsergebnisse könnten ein Problem in unserem Verständnis des Universums lösen: Dieses sollte zu gleichen Teilen aus Materie und Antimaterie bestehen, die beide im Urknall vor etwa 14 Milliarden Jahren erzeugt wurden. Allerdings ist Antimaterie im Universum kaum zu finden. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben nun einen physikalischen Prozess untersucht, in dem die sonst herrschende Symmetrie zwischen Materie und Antimaterie eine der beiden Seiten bevorzugt und damit das Fehlen der Antimaterie erklären kann. Die dabei eingesetzten Neutrinos sind die am häufigsten vorkommenden Elementarteilchen im Universum, aber die noch immer am wenigsten verstandenen. Dies liegt daran, dass diese Teilchen kaum messbar sind. So können sie beispielsweise die ganze Erde ungestört durchfliegen, ohne ein einziges Mal zu wechselwirken.
Neutrinos und Antineutrinos, die im Forschungszentrum J-PARC in Tokai an der japanischen Ostküste als sehr intensiver Neutrinostrahl erzeugt werden, durchqueren Japan bis einige von ihnen nach 300 Kilometern in dem 50.000 Tonnen schweren Detektor Super-Kamiokande in einem Kilometer Tiefe unterhalb des Ortes Kamioka nachgewiesen werden. Dies erklärt den Namen des Experiments „Tokai-to-Kamioka“, kurz T2K. Unterwegs wandeln sich die Neutrinos teilweise in einen anderen Neutrino-Typ um, was häufiger für Neutrinos als für Antineutrinos beobachtet wird. Die Stärke dieses Effekts wird durch die Verletzung der fundamentalen Symmetrie zwischen Materie und Antimaterie bestimmt. Nach einer Analyse der Daten aus neun Jahren Betrieb konnte die Verletzung der Symmetrie zwischen Materie und Antimaterie mit 95 prozentiger Sicherheit nachgewiesen werden. Für die nächsten Jahre sind weitere Messungen geplant, um dieses Ergebnis zu bestätigen.
Das Team der RWTH Aachen ist seit dem Jahr 2007 an der T2K-Kollaboration beteiligt. Die Aachener Physikerinnen und Physiker wirkten an der Planung und am Bau des T2K-Experiments mit und haben durch ihre Forschungsarbeiten zu den jetzt veröffentlichten Ergebnissen beigetragen. Sie werden von der Deutschen Forschungsgemeinschaft finanziell gefördert.