Mit dem Wirtschaftsstandort Korschenbroich sind die Unternehmen insgesamt zufrieden. Dennoch hat die Stadt das Potenzial, als Standort noch attraktiver zu werden. Dies erfordert allerdings die richtigen Rahmenbedingungen. Das ist ein Ergebnis einer Standortanalyse der Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittlerer Niederrhein. Die Untersuchung basiert auf der Auswertung amtlicher Daten und einer von der IHK durchgeführten Unternehmensbefragung.
Die Analyse zeigt die wirtschaftliche Prägung Korschenbroichs. Der strukturelle Schwerpunkt der Stadt liegt beim Handel. „Fast ein Viertel aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten vor Ort arbeiten in dieser Branche“, erklärt Jürgen Steinmetz, Hauptgeschäftsführer der IHK Mittlerer Niederrhein, bei der Vorstellung der Ergebnisse im Ratssaal. Die Zahl dieser Beschäftigten ist in den vergangenen zehn Jahren mit 15 Prozent deutlich angestiegen. „Betrachtet man die einzelnen Handelsbranchen, ist vor allem der Einzelhandel bedeutsam“, ergänzt Gregor Werkle, Leiter des IHK-Bereichs Wirtschaftspolitik. Im Einzelhandel arbeiten 10,5 Prozent aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten. Im Handel mit Kraftfahrzeugen und im Großhandel sind es jeweils rund 6,5 Prozent aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten.
Beim Vergleich mit anderen Kommunen ergibt sich für Korschenbroich ein uneinheitliches Bild. Die Beschäftigungsentwicklung und die Gründungsdynamik sind positiv, und auch die Arbeitslosigkeit ist gering. Die Kaufkraft hingegen ist zwar vergleichsweise hoch, der Kaufkraftabfluss ist aber größer als in vergleichbaren Kommunen. Auch die Verschuldung der Kommune ist vergleichsweise hoch. „Die Haushaltslage ist seit Jahren angespannt. Als Konsequenz weist die Stadt durchaus hohe Steuersätze auf“, fasst Steinmetz zusammen. Die IHK sieht dennoch eine positive Entwicklung in der Haushaltslage. „Die Konsolidierungsbemühungen der Stadtverwaltung waren in den vergangenen Jahren erfolgreich“, so Steinmetz.
Der Kern der IHK-Analyse ist die Befragung der Unternehmen vor Ort. Dabei konnten sie rund 50 Standortfaktoren auf einer Schulnotenskala von eins bis sechs bewerten. Insgesamt erhielt der Wirtschaftsstandort Korschenbroich die Note 2,41. „Diese Bewertung ist geringfügig besser als der Schnitt der Wirtschaftsstandorte am Mittleren Niederrhein“, sagt Werkle. „In der Bewertung der einzelnen Standortfaktoren kann sich Korschenbroich dabei sehen lassen. In vielen Themenfeldern schneidet die Stadt sogar besser ab als der Durchschnitt am Mittleren Niederrhein.“
Die beste Note aller Standortfaktoren erhält die „Anbindung an das Straßen- und Autobahnnetz“. „Korschenbroich liegt im Zentrum vieler wichtiger Oberzentren in der Region. Da der Faktor für die Unternehmen sehr relevant ist, ist diese gute Benotung erfreulich“, so Steinmetz. Ein weiterer bedeutsamer Faktor, die Informations- und Kommunikationsinfrastruktur, also die Internetversorgung und der mobile Empfang, wird mit 3,11 dagegen eher unterdurchschnittlich bewertet. Die Anforderungen an diesen Faktor sind in der Pandemie noch einmal deutlich gestiegen. Dennoch zeigt ein Vergleich mit der Befragung in Korschenbroich im Jahr 2016, dass die Unternehmerinnen und Unternehmer heute zufriedener sind als damals. „Die Ausbaubemühungen werden von den Unternehmen also positiv wahrgenommen“, sagt Steinmetz. „Das ist ein Anreiz für die Stadt, hier auch weiter am Ball zu bleiben.“
Auch kommunale Leistungen wie die Erreichbarkeit und Öffnungszeiten der Behörden sowie deren Reaktionszeiten bewerten die Unternehmen positiv. Ebenfalls zufrieden sind die Betriebe mit dem Service und den (Netzwerk-) Angeboten der Wirtschaftsförderung. Potenziale zeigt die Unternehmensumfrage jedoch bei der Dauer von Plan- und Genehmigungsverfahren. „Die Beantragung eines RAL-Gütezeichens ‚Mittelstandsorientierte Kommunalverwaltung‘ würde die Wirtschaftsfreundlichkeit der Kommune dokumentieren und innerhalb der Verwaltung weitere Verbesserungen anstoßen“, so Steinmetz.
Die Verfügbarkeit von Gewerbeflächen wird nur mäßig zufriedenstellend beurteilt. Die IHK empfiehlt daher, die Entwicklung eines Gewerbe- und Industrieansiedlungsgebiet im Bereich „Im Hasseldamm“ voranzutreiben. „Dieser Standort ist aufgrund seiner großen Entfernung zu Wohngebieten für emittierende Unternehmen prädestiniert“, so Steinmetz. „Durch zusätzliche Neuansiedlungen kann die Stadt außerdem die Aufbringungskraft bei der Gewerbesteuer steigern.“ Dies wäre angesichts der vergleichsweise niedrigen Gewerbesteuererträge von Korschenbroich auch wichtig für die Haushaltslage der Stadt. Nach Ansicht der IHK hat man sich zwar als Wohnstandort erfolgreich positioniert, die Ansiedlung von Gewerbe allerdings vernachlässigt.
Die Umfrageergebnisse verdeutlichen zudem, dass Korschenbroich auch von überregionalen Entwicklungen betroffen ist. So ist der Fachkräftemangel auch in Korschenbroich ein Thema. Die Unternehmen bewerten sowohl die lokale Verfügbarkeit als auch die Qualifikation der lokalen Arbeitskräfte mit mäßigen Noten. Ähnlich sieht es bei der Bewertung der Energiekosten aus. Auch sie werden unterdurchschnittlich bewertet.
Im Anschluss an die Vorstellung der Ergebnisse bedankte sich Bürgermeister Marc Venten bei der IHK für die Erarbeitung der Analyse. „Unterm Strich können wir festhalten, dass das Ergebnis gut ist, wobei es natürlich immer Verbesserungspotenzial gibt“, sagte er. In der anschließenden Diskussion mit den Unternehmerinnen und Unternehmern standen die Themen Informations- und Kommunikationsinfrastruktur sowie die Dauer von Genehmigungsverfahren im Mittelpunkt. Es sei sehr positiv, dass Korschenbroich es als eine der ersten Städte in Nordrhein-Westfalen geschafft habe, alle Gewerbegebiete an das Glasfasernetz anzuschließen. Allerdings bemängelten die Unternehmen die mangelhafte Kommunikation mit und durch den Anbieter. Die Stadtverwaltung bot den Firmen an, Probleme mit dem Anbieter der Wirtschaftsförderung zu melden.
Zum Thema „Dauer bei Planungs- und Genehmigungsverfahren“ erklärte ein Unternehmer, dass er das Problem weniger bei der Stadt sehe. „Vielmehr vermisse ich die Zusammenarbeit von Stadt, Rhein-Kreis Neuss und anderen Behörden.“ Daran scheitere in seinem Fall eine zügige Bearbeitung. „Alle Beteiligten sollten sich die entsprechenden Prozesse und Schnittstellen genau anschauen und optimieren, damit auch behördenaufgreifende Verfahren zügig erledigt werden“, forderte Steinmetz.