Gibt es Wege, den weiteren Verlauf bei Erkrankungen mit COVID-19 oder auch anderen pandemischen Infektionserkrankungen gesichert vorherzusagen? Das ist Inhalt eines Forschungsprojekts, bei dem die drei Statistik-Professoren Dr. Tim Friede von der Universitätsmedizin Göttingen, Dr. Frank Konietschke vom Institut für Biometrie und Klinische Epidemiologie der Charité – Universitätsmedizin Berlin und vom Berlin Institute of Health (BIH) und Dr. Markus Pauly vom Bereich für Mathematische Statistik und industrielle Anwendungen der TU Dortmund zusammenarbeiten. Die VolkswagenStiftung fördert das Projekt, das im Frühjahr starten soll, über 18 Monate.
„Bayesianische und nichtparametrische Statistik – Zusammenführung zweier gegensätzlicher Theorien zum Nutzen prognostischer Studien zu Covid-19“ lautet der etwas sperrige Titel des Forschungsprojekts. „Wir erleben aktuell im Rahmen der Corona-Pandemie, dass immer noch eine große Unsicherheit bei der Vorhersage der Krankheitsverläufe von COVID-19 besteht“, sagt Prof. Friede – sowohl auf individueller wie auch auf gesamtgesellschaftlicher Ebene. Die Bestimmung von Risikofaktoren und damit Vorhersagen für schwere Krankheitsverläufe sind eine umfangreiche statistische Aufgabe, in die verschiedene Datenarten aus mitunter kleinen Fallanalysen eingehen. Beispielsweise basieren prognostische Modelle auf binären Daten (ja/nein) und/oder Zeitangaben (time-to-event), die in Clustern wie etwa in einer Familie oder an einem Ort erhoben werden. Die drei Statistiker wollen nun statistische Modelle entwickeln, die verbesserte Prognosen auf der Grundlage bestehender Daten erlauben. „Dabei wollen wir das Risiko von Fehlentscheidungen minimieren und die Qualität der Prognosemodelle mit Hilfe von innovativen Analysemethoden bewerten“, sagt Prof. Pauly.
„Die Prognosemodelle, die wir entwickeln, werden anschließend an Datensätzen erprobt, wie sie beispielsweise derzeit an der Charité erhoben werden“, so Prof. Konietschke. Bei ihrer Forschung wollen die Wissenschaftler Forschungsansätze ihrer Zunft – Bayesianische und nichtparametrische Statistik – verschmelzen. Als Ergebnis soll eine genaue Prognose mit einer soliden Bewertung der Risikounsicherheit erreicht werden, die als Leitfaden für die Patientenversorgung und zur Entscheidungsfindung in der Politik dienen könnte.
In diesem Sinne kann das Projekt helfen, beispielsweise Entscheidungen für die Kapazitätsplanung in der Intensivmedizin auf die Grundlage einer fundierten wissenschaftlichen Prognose zu stellen. Selbst wenn dies bei Projektabschluss Ende 2022 hoffentlich nicht mehr für die aktuelle Corona-Pandemie nötig sein wird – der Ausbruch der nächsten Pandemie ist nach Ansicht vieler Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nur eine Frage der Zeit. Und dann werden die Forschungsergebnisse der drei Statistiker, die schon lange zusammenarbeiten, wieder gebraucht