Professor Dr. Nicholas Boone vom Fachbereich Wirtschaftswissenschaften der Technischen Hochschule Ostwestfalen-Lippe ist überzeugt, dass Studierende auch in Corona-Zeiten unbedingt Praxiserfahrung brauchen. In einem Planspiel haben Studierende unterschiedlicher Fachrichtungen gelernt, unternehmerisch zu handeln.
„Ziel unseres Planspiellabors ist es, den Studierenden Gelegenheiten zu bieten, interdisziplinär und spielerisch zu lernen, da sich auf diese Weise komplexe Zusammenhänge und Teamprozesse viel besser begreifen lassen“, erklärt Prof. Dr. Nicholas Boone vom Fachbereich Wirtschaftswissenschaften der Technischen Hochschule Ostwestfalen-Lippe.
Im Corona-Jahr 2020 waren Praktika in Unternehmen Mangelware. Deshalb haben Prof. Boone und sein Team aus dem Planspiellabor bewusst Studierende unterschiedlicher Fachrichtungen eingeladen, bei einem virtuellen Unternehmens-Planspiel mitzumachen. Insgesamt haben 36 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus verschiedenen Studiengängen teilgenommen, darunter Landschaftsbau, Lebensmitteltechnologie oder Angewandte Informatik.
Die Software General Management stammt vom Planspiel-Anbieter Topsim aus Tübingen.
Die Studierenden bildeten in acht eigenständigen Teams jeweils ein Unternehmen ab. Wie in realen Unternehmen waren die Aufgaben verteilt: Es gab zum Beispiel Verantwortliche für Marketing und Vertrieb, Forschung und Entwicklung, Einkauf, Produktion und Logistik sowie für Personal oder Finanzen/Controlling.
Im Rahmen des Planspiels treffen die Teilnehmer Entscheidungen, die gut oder schlecht für das Unternehmen sein können. Diese Entscheidungen bestimmen den unternehmerischen Erfolg. „Wenn sich das Team beispielsweise entscheidet, ein neues Produkt einzuführen, muss es seine Produktionskapazität anpassen, sonst kann es die Nachfrage nicht bedienen“, erklärt Prof. Dr. Boone. „Wenn ein Marktteilnehmer seinen Preis senkt, verkauft er mehr, solange die Konkurrenten nichts verändern. Ziehen alle nach, kommt es zu einem Preiskampf, den nicht alle Teams gleich gut aushalten.“ Auch besondere Ereignisse, wie Konjunktureinbrüche, Inflation oder Veränderungen bei den Wechselkursen sind Bestandteil des Spiels.
Die Teilnehmenden konnten sich frei einteilen, wann sie sich im Laufe der Woche zu Teamsitzungen verabreden und Entscheidungen treffen. Zu einem fixen Zeitpunkt mussten alle Angaben im System sein. „Einmal die Woche habe ich auf der Basis aller Parameter die ökonomische Entwicklung für die acht Teams simuliert, am Tag drauf haben wir uns zusammengesetzt und besprochen, welche Auswirkungen welche Entscheidung hatte und was man in der nächsten Runde eventuell besser machen könnte.“, erklärt Planspiellabor-Leiter Prof. Nicholas Boone.
Niederlagen gehören zum Spiel: „Es gab einige, die ihr Unternehmen ganz schön vor die Wand gefahren haben, weil sie beispielsweise nicht bedacht haben, dass sie zusätzliches Personal brauchen, wenn sie die Produktion rechtzeitig hochfahren wollen.“
Neben zahlreichen betriebswirtschaftlichen Kompetenzen erlernen bzw. vertiefen die Studierenden auch soziale Kompetenzen, weil sie im Team diskutieren und Entscheidungen treffen müssen und neben Erfolgen auch Frustration und Krisen in ihrem Team bewältigen müssen.
„Wir nutzen den Spieltrieb der Menschen, um Wissen zu vermitteln, das funktioniert ausgezeichnet“, so Nicholas Boone. „Wer nicht strategisch denkt, verliert. Am Ende fühlen sich trotzdem alle als Sieger, weil sie auf spielerische Art und Weise eine Menge Wissen mitgenommen haben.“
Das bestätigen auch die Teilnehmerinnen und Teilnehmer: „Wir haben in unserer Gruppe viel gerechnet und diskutiert bis wir uns auf eine vermeintlich gute Entscheidung geeinigt haben. Oft wurden wir nach der Simulation dann aber doch überrascht, dass vieles anders kam, als gewollt. Daraus habe ich mitgenommen, dass man immer genau auf alle Faktoren achten muss“, sagt Teilnehmerin Vanessa Sander.
Maurice Kreimer studiert Landschaftsbau und Grünflächenmanagement an der TH OWL und hatte mit Betriebswirtschaft bisher nur in den Grundlagen-Modulen zu tun: „Das Planspiel war für mich eine gute Horizonterweiterung und eine schöne Abwechslung zum Digitalen Vorlesungsalltag. Darüber hinaus war für mich der Lerneffekt hoch, weil man bei Veränderungen von Parametern direkte Reaktionen im Betrieb feststellen konnte.“
Nebenbei erlernen die Studierenden soziale Kompetenzen, weil sie im Team diskutieren und Entscheidungen treffen müssen und neben Erfolgen auch Frustration und Krisen in ihrem Team bewältigen müssen.
Prof. Dr. Yvonne-Christin Bartel, Vizepräsidentin für Bildung und Internationalisierung an der TH OWL ist diese Vernetzung wichtig:
„Das Wintersemester muss angesichts des aktuellen Infektionsgeschehens leider überwiegend digital stattfinden, umso wichtiger ist es, dass wir Studierende miteinander vernetzen und Teamarbeit online möglich machen, denn solche Erfahrungen sind unersetzlich für das spätere Berufsleben unserer Studierenden.“