Bonn/Rhein-Sieg ist ein bedeutender Logistikstandort, der aber vor großen Herausforderungen steht. Das ist die Kernaussage der aktuellen Broschüre „Logistikstandort Bonn/Rhein-Sieg“ der Industrie- und Handelskammer (IHK) Bonn/Rhein-Sieg, die heute bei einem Pressegespräch präsentiert wurde. Die Broschüre thematisiert die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, verkehrliche Situation in der Region und Fachkräftebedarf der Branche, geht aber auch auf die mangelnde Wertschätzung ein. Auch wenn die Logistikunternehmen nur ein Prozent der IHK-Mitgliedsunternehmen mit immerhin drei Prozent aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten ausmachen, gilt: „Ohne Logistik geht nichts. Alles was produziert, konsumiert oder exportiert wird, wird durch die Logistik bewegt. Die Branche ist ein zentraler Akteur in der gesamten Wertschöpfungskette – mit Ausnahme der eigentlichen Produktion“, stellt IHK-Vizepräsidentin Sabine Baumann-Duvenbeck fest.
Dabei zeigt sich die Branche sehr vielseitig: Angefangen bei Briefen und Päckchen über Umzüge bis zum Transport von 200 Tonnen schweren Transformatoren wird alles bearbeitet. Diese Vielseitigkeit und die eigentlich gute Erreichbarkeit mit unterschiedlichen Verkehrsträgern machen Bonn/Rhein-Sieg zu einem starken Logistikstandort. Doch die Verkehrsinfrastruktur ist in die Jahre gekommen und wird dem wachsenden Verkehr nicht Herr: „In den vergangenen 20 Jahren wurden Ausbau, Neubau und Instandhaltung der Verkehrswege vernachlässigt. Das wird zwar jetzt teilweise nachgeholt, stellt die Branche jedoch vor immense Probleme“, sagt IHK-Geschäftsführer Professor Dr. Stephan Wimmers: „Die Anbindung an das Verkehrsnetz wird mittel- und langfristig durch marode Rheinbrücken oder das Verzögern von Maßnahmen wie dem Tausendfüßler stark eingeschränkt oder unterbrochen. Das wird zu spürbaren wirtschaftlichen Verlusten in der Logistikbranche, aber auch in der Gesamtwirtschaft führen.“
Deshalb sehe die regionale Wirtschaft die aktuelle Positionierung der Stadt Bonn gegen einen sechsstreifigen Ausbau des Tausendfüßlers kritisch und setze sich für einen Planungs- und Umsetzungsprozess des sechsstreifigen Bauwerks ohne weitere Verzögerungen ein. „Das wechselhafte Verhalten der Bundesstadt Bonn in Hinblick auf den Tausendfüßler verunsichert die Transportbranche. Wir benötigen Zuverlässigkeit auf Seiten von Politik und Verwaltung, für unseren Geschäftsbetrieb, aber auch unsere eigene Zukunftsplanung“, so Baumann-Duvenbeck weiter.
Neben dem Ausbau der Kapazität der Verkehrswege setzt sich die Broschüre aber auch mit einer Verlagerung oder Vermeidung von Mobilität auseinander: So sollte ein abgestimmtes dauerhaftes Homeoffice/mobiles Arbeiten im Dialog etabliert werden, sodass der Verkehrsfluss zu den Hauptverkehrszeiten verbessert wird. Zusätzlich sollten aber auch der ÖPNV und Mobilstationen an Knotenpunkten weiter ausgebaut werden. Auch die Schaffung eines von den Hauptverkehrsstraßen entkoppelten Fahrradwegenetzes kann zum Umstieg animieren. „Nicht jede Straße ist hierfür geeignet, aber eine ideologiefreie Stärkung des Fahrrads erhöht die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer und verringert deren Stress“, so Wimmers.
Gefordert werden zudem zusätzliche Flächen für wachsende Logistikunternehmen sowie Initiativen, die dem Fachkräftemangel – insbesondere bei den Berufskraftfahrern – entgegenwirken.