Von Januar bis Juni 2020 wurden bei den Amtsgerichten in Nordrhein-Westfalen 11.397 Anträge auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gestellt. Wie Information und Technik Nordrhein-Westfalen als Statistisches Landesamt mitteilt, waren das 14,1 Prozent weniger als im entsprechenden Vorjahreszeitraum (damals: 13.273 Fälle). Die Höhe der voraussichtlichen Forderungen (d. h. alle Forderungen, die von den Gläubigern bis zum Zeitpunkt der Datenübermittlung an die Statistiker bei den Amtsgerichten angemeldet wurden) summierte sich im ersten Halbjahr 2020 auf 3,92 Milliarden Euro und lag damit um 82,3 Prozent über dem entsprechenden Vorjahreswert (2,15 Milliarden Euro).
2.399 der in Nordrhein-Westfalen beantragten Insolvenzverfahren betrafen Unternehmen; das waren 14,7 Prozent weniger als im ersten Halbjahr 2019 (damals 2.811 Unternehmensinsolvenzen). Die voraussichtlichen Forderungen beliefen sich auf 3,33 Milliarden Euro und waren damit mehr als doppelt so hoch (+130,6 Prozent) wie von Januar bis Juni 2019 (damals: 1,44 Milliarden Euro). Ursächlich für den Anstieg der Forderungen bei gleichzeitig sinkender Zahl der Insolvenzen war eine höhere Zahl von Insolvenzanträgen
wirtschaftlich bedeutender Unternehmen als vor einem Jahr. Zum Zeitpunkt der Antragstellung waren von den Unternehmensinsolvenzen 26.660 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer betroffen; dies waren 40,0 Prozent mehr als im entsprechenden Vorjahreszeitraum (damals: 19.043 Beschäftigte).
Neben den Unternehmen beantragten 8.998 weitere Schuldner die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens. Dabei handelte es sich in 6.947 Fällen um Insolvenzen von Verbrauchern, zu denen z. B. Arbeitnehmer, Rentner oder Arbeitslose gehören. Das waren 18,0 Prozent weniger als im entsprechenden Vorjahreszeitraum (damals: 8.476 Fälle). Die Zahl der Insolvenzen von
ehemals selbstständig Tätigen erhöhte sich um 3,0 Prozent auf 1.675 (damals: 1.626 Fälle). Weitere 376 Insolvenzverfahren betrafen Nachlässe, Gesamtgut und natürliche Personen als Gesellschafter.
Die ab März 2020 beginnende wirtschaftliche Krise spiegelte sich im 1. Halbjahr 2020 noch nicht in einem Anstieg der Verfahren wieder. Das liegt u. a. daran, dass die Insolvenzen grundsätzlich aufgrund der regulären Bearbeitungszeit bei den zuständigen Insolvenzgerichten ein sogenannter „nachlaufender Konjunkturindikator” sind. Weitere Ursachen sind laut den
Statistikern zurzeit die vorübergehende Aussetzung der Insolvenzantragspflicht (bis vorerst zum 30. September 2020), die besonderen staatlichen Finanzhilfen für Unternehmen sowie der teilweise eingeschränkte Betrieb der Insolvenzgerichte und/oder Schuldnerberatungsstellen.