Seit Beginn der Corona-Pandemie stecken viele europäische Länder in einer Rezession. Um die wirtschaftlichen Folgen besser abzufedern, formulieren führende Wirtschaftswissenschaftler, darunter die Ökonomen Prof. Dr. Christian Bayer und Prof. Dr. Moritz Kuhn von der Universität Bonn, in einem offenen Brief Grundsätze für die Wirtschaftspolitik um die wirtschaftlichen Folgen der Coronakrise zu bewältigen.
In dem Schreiben, das auf dem Politikanalyseportalen VoxEU und der deutschsprachigen Internetplattform „Ökonomenstimme“ veröffentlicht wurde, schlagen die Ökonomen verschiedene Maßnahmen vor und beschreiben Leitlinien für die Politik, die europaweit und frei von nationalstaatlichen Interessen zu empfehlen seien. Wichtig sei es derzeit vor allem, Haushalte, die von der Krise getroffen seien, kurzfristig durch Transferleistungen zu helfen die ökonomischen Folgen der Krise abzufedern. Transferzahlungen bieten darüber hinaus die wichtige Möglichkeit, Einschränkungen aufrecht zu erhalten, um die Gesundheitssituation unter Kontrolle zu behalten. Die Ökonomen empfehlen außerdem, mit einem Strukturwandel – wie aus der Klimapolitik gefordert – zu warten. Diesen anzugehen sei erst sinnvoll, wenn sich die Lage stabilisiere. Ansonsten drohe eine weitaus tiefere Rezession. Politische Unsicherheiten müsse man über klare Kommunikation reduzieren und frühzeitig mitzuteilen, welche politischen Regeln auf die Gesellschaft zukämen. Die Politik müsse sich bemühen, heute schon Pläne für verschiedene Szenarien zukünftiger Entwicklungen zu formulieren und zu kommunizieren.
Moritz Kuhn ist Professor für Wirtschaft an der Universität Bonn und gehört dem Exzellenzcluster ECONtribute an. Er sagt: „Wichtig ist es auch, die internationale Zusammenarbeit weiterhin zu stärken, Informationen innerhalb der Staatengemeinschaft auszutauschen und zu überprüfen wo von Best-Practices gelernt werden kann. So kann populistischen Strömungen vorgebeugt werden.“ Die Ökonomen können sich als Unterstützung dazu einen unabhängigen wissenschaftlichen Wirtschaftsausschuss vorstellen. Dieser könnte die Politikmaßnahmen in den verschiedenen Regionen Europas bewerten und koordinieren, spezifische strategische Entwicklungsstrategien entwickeln und den zuständigen nationalen Ministerien wirtschaftspolitische Ideen für ihre Regionen an die Hand geben.
In der aktuellen Krise hat sich deutlich gezeigt, dass die Weltwirtschaft zu einem großen Geflecht an Handelsbeziehungen zusammengewachsen ist. Es gelte, diese Handelsbeziehungen so schnell wie möglich wieder aufzunehmen und die geringen innereuropäischen Handelsbeschränkungen zu nutzen. Konjunkturmaßnahmen seien notwendig, um die Volkswirtschaften wieder in Schwung zu bringen. Angesichts der derzeit niedrigen Zinssätze empfehlen die Ökonomen, dass europäische Regierungen mit finanziell stärkeren Haushalten in Länder mit schwächeren Haushalten „investieren“, ohne dass eine instabile Schuldendynamik ausgelöst würde. Dies ermögliche ein schnelleres Ende der durch die Corona-Krise ausgelösten Rezession und ist auf Grund der engen Handelsbeziehungen auch in deren eigenem Interesse.
Foto: Prof. Dr. Christian Bayer (links) und Prof. Dr. Moritz Kuhn (rechts) vom Institut für Makroökonomik und Ökonometrie der Universität Bonn. (c) Foto: Volker Lannert/Uni Bonn