Ernte der Wintergerste beginnt in wenigen Tagen

„Wenn die sommerlich warme Witterung anhält, wird die diesjährige Getreideernte in den Frühdruschgebieten im Laufe der kommenden Woche beginnen“, erklärt der Getreidemarktexperte des Deutschen Raiffeisenverbands (DRV), Guido Seedler. Als erstes werden die Landwirte die Wintergerste ernten. Hier erwartet der Raiffeisenverband eine Erntemenge von gut 9,2 Millionen Tonnen. Das Vorjahresergebnis von 9,7 Millionen Tonnen wird voraussichtlich nicht erreicht. Grund dafür sind eine etwas geringere Anbaufläche sowie niedrigere Erträge pro Hektar in Folge der Trockenheit im Frühjahr. Außerdem haben Spätfröste der Wintergerste in manchen Regionen zugesetzt.

Auch die Weizenernte wird mit 22,2 Millionen Tonnen unter dem schwachen Vorjahresergebnis bleiben. Zwar hat der teils ergiebige Regen den Kulturen gutgetan, insgesamt dürfte er aber nur dafür reichen, die gegenwärtige Prognose zu stabilisieren. „Für eine deutliche Steigerung der Erträge kamen die Niederschläge vielerorts zu spät. Vielmehr steigt mit der feuchtwarmen Witterung die Gefahr von Pilzinfektionen“, ergänzt Seedler. Vom Regen deutlich mehr profitiert hat der Körnermais. Hier rechnet der DRV – auch wegen einer höheren Anbaufläche – mit erheblichen Zuwächsen (+ 19 %). Insgesamt geht der Raiffeisenverband mit gut 44,4 Millionen Tonnen von einer knapp durchschnittlichen Getreideernte auf Vorjahresniveau aus.

Unterschiedliche Getreidesorten werden für verschiedene Zwecke eingesetzte. So findet die Wintergerste überwiegend als Futtergetreide für Schweine Verwendung. Im Mittel der vergangenen fünf Jahre gelangten 6,3 Millionen Tonnen in die Tröge. Die Sommergerste, die erst im Frühjahr gesät wird, wird dagegen in hohem Maße als Braugerste genutzt. Aufgrund der kürzeren Vegetationszeit und geringerer Düngung weist sie im Durchschnitt niedrigere Proteingehalte als die Wintergerste auf. Diese sind für eine gute Malzqualität dringend erforderlich, zu hohe Proteingehalte führen zu einer unerwünscht hohen Schaumbildung. Aufgrund leicht gestiegener Anbauflächen und etwas höherer Hektarerträge geht der DRV davon aus, dass die Landwirte gut 1,9 Millionen Tonnen Sommergerste einfahren werden. Das ist ein Plus von gut 6 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

Die Gerste ist – allerdings mit deutlichem Abstand zum Weizen – das zweitwichtigste Exportgetreide Deutschlands. Im Mittel der vergangenen fünf Jahre wurden rund 3 Millionen Tonnen ins europäische Ausland und in Drittstaaten exportiert. Von besonderem Interesse für den deutschen Getreidehandel sind dabei Saudi-Arabien und Iran. Nach China, immerhin weltweit zweitgrößter Gerstenimporteur, führt für deutsche Produkte aus phytosanitären Gründen kein Weg. Andere europäische Länder wie Frankreich sind in diesem Punkt im Vorteil – sie dürfen liefern. Das ist umso misslicher, weil der chinesische Importbedarf große Wachstumsperspektiven bietet. Vor diesem Hintergrund unterstützt der DRV weiterhin intensiv ein vom Bundeslandwirtschaftsministerium bereits im Jahr 2017 eröffnetes Marktzugangsverfahren für deutschen Weizen und Gerste nach China. Seedler: „Es wird Zeit, dass sich dieser interessante Markt nun endlich auch für uns öffnet.“