Neue, grüne Mitte für Gelsenkirchens Norden

GE. Über Jahrzehnte war das Areal der ehemaligen Kokerei Hassel eine verbotene Stadt. Jetzt aber ist es soweit: Nach rund sechs Jahren des Umbaus können sich die Bürgerinnen und Bürger über den neuen Stadtteilpark Hassel freuen. Coronabedingt konnte der Park allerdings nicht wie ursprünglich geplant mit einem großen Fest eröffnet werden.
Unter www.gelsenkirchen.de/hwb zeigt ein Video eines Drohnenflugs über den Park aus der Vogelperspektive die verschiedenen Bereiche des einstigen Kokereigeländes.
„Den Blick von oben, vom Aussichtspunkt eines der beiden sogenannten Olympe, den kann ich jedem nur ans Herz legen“, sagte Gelsenkirchens Oberbürgermeister Frank Baranowski bei einem offiziellen Eröffnungs-Rundgang am Samstag, 13. Juni. Uwe Penth, Vorsitzender der Geschäftsführung RAG Montan Immobilien, Peter Alexewicz, Leiter der Standortkommunikation der Ruhr Oel GmbH – BP Gelsenkirchen, Stadtbaurat Christoph Heidenreich und Oberbürgermeister Frank Baranowski machten sich gemeinsam vor Ort ein Bild. Einhellige Meinung der Kooperationspartner: Das Ergebnis kann sich im wahrsten Sinne des Wortes sehen lassen.

Aus einem einstigen Industrieareal ist eine ökologisch wertvolle Fläche mit Freizeitangeboten und Orten zum Verweilen geworden. Ausdrücklich bedankte sich Oberbürgermeister Baranowski bei den Kooperationspartnern für die gelungene Zusammenarbeit. „Bedanken möchte ich mich aber auch bei den Bürgerinnen und Bürgern, die an der Entstehung des Stadtteilparks beteiligt waren und sich sehr engagiert mit zahlreichen Ideen eingebracht haben“, stellte Baranowski fest. Die Ideen der Bürgerinnen und Bürger sind nun ein weiteres Mal gefragt. „Noch hat der Stadtteilpark ja keinen Namen. Aber ich bin mir sicher, dass die Bürgerinnen und Bürger schon die eine oder andere Idee haben, wie ihr Park heißen könnte“, ist sich Oberbürgermeister Baranowski sicher und kündigte einen zu einem Ideenwettbewerb in Kürze an.

„Eigentlich war hier eine gewerbliche Nutzung des Areals geplant“ gibt Stadtbaurat Christoph Heidenreich einen Einblick in die ursprünglichen Planungen. „Doch die Fundamente vor allem der Koksöfen sitzen so tief, dass ihre Beseitigung viel zu teuer geworden wäre.“ Im Jahr 2003 wurde damit begonnen, die Kokerei abzureißen. Weitere sieben Jahre sollten vergehen, bis erste Pläne für einen Stadtteilpark reiften. „Der Stadtteilpark Hassel, der Stadterneuerungsprozess Hassel.Bertlich.Westerholt und die Neue Zeche Westerholt sind Teile eines Interkommunalen Integrierten Handlungskonzepts Gelsenkirchen-Hassel und Herten-Westerholt/Bertlich “ erläuterte der Stadtbaurat weiter.
Das rund 30 Hektar große Areal der ehemaligen Kokerei Hassel ist seit 2016 durch die RAG Montan Immobilien aufwendig saniert und zu einem Park mit Hundefreilaufwiese, Grünflächen, Wegsystem, Freizeitanlagen und einem kleinen See umgestaltet worden.

Die Sanierung des ehemaligen Kokereiareals des RAG-Konzerns wird im Rahmen des Abschlussbetriebsplanverfahrens (ABP) durchgeführt. Die ABP-Verfahren sind komplexe Sanierungsverfahren auf ehemaligen Bergwerksflächen, um diese für eine zukünftige Nutzung aufzubereiten. Sie laufen unter behördlicher Aufsicht der zuständigen Bezirksregierung.
„Über 20 Jahre nach der Stilllegung der Kokerei haben wir hier einen Stadtteilpark für die Bürger-innen und Bürger geschaffen. Der Park ist ein gutes Beispiel für den innovativen und kreativen Umgang sowie die große Herausforderung, die die Umnutzung solch schwerindustriell genutzter Flächen mit sich bringt“, betont RAG Montan Immobilien Geschäftsführer Uwe Penth. „Dass das so möglich wurde, verdanken wir auch der BP, die Teile des neuen Parks als Ausgleichflächen für die geplante Norderweiterung nutzt. Und somit zur Finanzierung des Projektes maßgeblich beigetragen hat“, ergänzte Penth.

Nun, nach neun Jahren Bauzeit ist der Park fertiggestellt und der Blick von oben möglich: Er fällt zum Beispiel auf den unter Denkmalschutz stehenden Eingangsbereich der Kokerei, auf einen See, der eigentlich kein See ist, sondern ein Regenrückhaltebecken für eine geplante Wohnsiedlung am Rand des Parks.
Ein Wegenetz erschließt den Park, dessen zehn Zugänge mit ihren Konstruktionen aus grünen Rohren die Eingänge des Parks markieren. Sie erinnern daran, dass einst ein Geflecht von Leitungen das Bild auf dem ehemaligen Kokereigelände prägte. Geblieben sind einzig die dicken Fernleitungsrohre entlang des Radweges „Allee des Wandels“. Er verbindet auf ehemaligen Zechenbahntrassen die Städte Herten, Recklinghausen und Gelsenkirchen miteinander und macht so den Wandel erfahrbar.
Über eine Million Tonnen Erdmassen mussten bewegt werden, bis aus dem Kokereigelände ein Park werden konnte. „Der Transport und Wiedereinbau von schützenswertem Boden aus eigenen Liegenschaften, der für die Sanierung der ehemaligen Kokereifläche verwendet wurde, zählen zum Beispiel dazu“, sagte Peter Alexewicz. Mehr als 1,5 Millionen Euro trägt die BP zur Errichtung und Pflege des Stadtteilparks bei. „Der Stadtteilpark Hassel, der quasi in Sichtweite zu unserem Werk Scholven liegt, ist ein wichtiger Baustein für den Wandel in der industriell geprägten Region und für uns eine Herzensangelegenheit. Auch deshalb, weil viele unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Gelsenkirchen wohnen. Wir freuen uns, dass wir uns an der Realisierung des Stadtteilparks beteiligen konnten“, so Peter Alexewicz. Der Park schaffe für die Nachbarn einen attraktiven Raum für Freizeit und Erholung.
Schon längst hat die Natur den Park erobert. Auf den für eine behutsame landwirtschaftliche Nutzung vorgesehenen Flächen fühlen sich Feldlerche und Flussregenpfeifer wohl. Der See ist ein Jagdrevier für Libellen und Schwalben, und auch Falken sind im Park auf Beute aus. Für sie wurden Greifvogelstangen aufgestellt, damit sie sich nicht auf die Zweige der jungen Bäume setzen, die sonst brechen können.

Im Nordosten des Stadtteilparks wandelte die RAG Montan Immobilien in Kooperation mit dem Naturschutzbund Nordrhein-Westfalen und der Landschaftsagentur Plus das ehemalige Stellwerk zu einem Artenschutzgebäude um. Gefördert hat das Projekt die Nordrhein-Westfalen-Stiftung. Wo einst die Güterzüge aufs Gleis gesetzt wurden, finden nun Fledermäuse, Schwalben oder Mauersegler Unterschlupf.

Aber damit sei das Ende der Entwicklung nicht erreicht, kündigte RAG Geschäftsführer Penth an. Die RAG Montan Immobilien plant angrenzend an den Stadtteilpark im Süden parallel zur Wohnbebauung an der Flachsstraße auf rund fünf Hektar ein Wohnquartier mit 170 bis 190 Wohneinheiten. Doppel-, Einfamilien- und Mehrfamilienhäuser sollen dort gebaut werden. „Eine Besonderheit ist das Energieversorgungskonzept, das im Rahmen eines Forschungsprojektes läuft und den Bewohnern neben Wärme auch die Kühlung klimafreundlich und energiesparend liefern wird“, so Penth abschließend.

Auch im Park geht es noch weiter: Der Blick von oben – noch fällt er auch auf eine große, brachliegende Fläche zu Füßen der Olympe. Hier entsteht eine Skateranlage, die etwa Ende des Jahres fertig sein soll. Sie stand auf der Wunschliste der Jugendlichen aus der Nachbarschaft des Parks ganz oben.