IHK zum Wirtschaftsstandort Schwalmtal: Gut gerüstet für die Krise

Eine positive Beschäftigungsentwicklung, aber Handlungsbedarf bei den Berufsschulen und beim ÖPNV-Angebot: Das sind Ergebnisse einer Analyse des Wirtschaftsstandorts Schwalmtal, die die Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittlerer Niederrhein jetzt veröffentlich hat. „Die Analyse zeigt, dass der Standort für die derzeitige Wirtschaftskrise gerüstet ist“, sagt IHK-Hauptgeschäftsführer Jürgen Steinmetz. „In der Phase der Belebung kommt es aber darauf an, dass insbesondere an den Kritikpunkten der Unternehmen gearbeitet wird.“ Im Rahmen der Analyse, deren Daten die Auswirkungen der Corona-Pandemie noch nicht berücksichtigen, haben mehr als 80 Unternehmen an einer Befragung teilgenommen.

„Ich möchte mich bei der IHK für die umfangreiche Standortanalyse der Gemeinde Schwalmtal ausdrücklich bedanken. Besonders in so unruhigen Zeiten wie jetzt ist es wichtig, die richtigen Entscheidungen zu treffen, um den Gewerbestandort Schwalmtal zu stärken“, erklärt Bürgermeister Michael Pesch. Nur mit einer starken Wirtschaft sei Schwalmtal dauerhaft in der Lage, die Herausforderungen der nächsten Jahre zu meistern. „Und die nun vorliegende Standortanalyse zeigt neben unseren Stärken auch unsere Schwächen. Nur wer diese kennt, kann auch Maßnahmen ergreifen, um die Rahmenbedingungen für die Wirtschaft zu verbessern.“

Schwalmtal ist ein Handels- und Logistikstandort. Ein Viertel aller Beschäftigten arbeitet in Unternehmen dieser Bereiche. Insgesamt verzeichnete der Dienstleistungssektor einen bemerkenswerten Beschäftigungsaufbau: In den vergangenen elf Jahren stieg die Zahl der Beschäftigten um 60 Prozent. „Im Vergleich zum Kreis Viersen und dem Land NRW ist dies ein deutlich dynamischerer Anstieg – insbesondere im Großhandel und im Bereich Verkehr und Lagerei‘“ erläutert Gregor Werkle, Leiter des Bereichs Wirtschaftspolitik bei der IHK Mittlerer Niederrhein. Auch im Gesundheits- und Sozialwesen ist die Zahl der Beschäftigten stark angestiegen. Dies ist vor allem deshalb bemerkenswert, weil Schwalmtal vor vierzig Jahren einen massiven Beschäftigungsabbau hinnehmen musste. In Schwalmtal sind seinerzeit innerhalb weniger Jahre circa 3.000 Arbeitsplätze insbesondere in den Bereichen Metall und Textil weggebrochen.

Das Baugewerbe ist im Vergleich zu den Beschäftigtenzahlen im Kreis Viersen und in NRW ebenso überdurchschnittlich stark vertreten. In Schwalmtal arbeiten rund 750 sozialversichert Beschäftigte im Baugewerbe, das sind im Verhältnis dreimal so viele wie in NRW. Dabei hat auch Schwalmtal vom allgemeinen Bauboom profitiert. In den vergangenen elf Jahren wurden 250 Arbeitsplätze im Baugewerbe geschaffen.

Im interkommunalen Vergleich schneidet die Gemeinde jedoch eher durchschnittlich ab. Bei dem Vergleich mit Kommunen aus NRW, die eine ähnliche Größe und Struktur haben, fällt die geringe Verschuldung Schwalmtals auf. „Die niedrige Gewerbesteueraufbringungskraft hingegen weist darauf hin, dass sich nur wenige steuerstarke Unternehmen in Schwalmtal angesiedelt haben“, so Werkle. „Eine Ausweitung des Gewerbeflächenangebotes, beispielsweise auf dem Rösler-Areal, könnte sich positiv auswirken.“ Der Rückgang der Arbeitslosenzahlen liegt unter dem der Vergleichskommunen.

Ein wichtiger Bestandteil der IHK-Analyse ist eine Befragung der Unternehmer. Dabei konnten sie 50 Standortfaktoren auf einer Schulnotenskala von eins bis sechs bewerten. Insgesamt erhielt Schwalmtal die Note 2,62. Das entspricht einer drei plus. Besonders wichtig ist den Unternehmen die Anbindung an das überörtliche Straßen- und Autobahnnetz. Dieser Faktor erhielt die Note zwei. „Schwalmtal ist mit der A52, A61 und der B221 gut angebunden. Besonders für kleinere Kommunen ist das eine gute Situation“, sagt Steinmetz. „Daher sind die Unternehmen vor Ort auch mit der Nähe zu wichtigen Kunden und Zulieferern und dem Angebot unternehmensnaher Dienstleister zufrieden.“

Kritischer sieht es hingegen beim Thema ÖPNV aus. Die Anbindung schneidet bei der Beurteilung der Unternehmen nicht gut ab. „Dabei ist dies ein wichtiger Faktor für die Attraktivität des Standortes, unter anderem im Hinblick auf den Fachkräftemangel, der auch Schwalmtaler Betriebe vor Herausforderungen stellt“, erklärt Steinmetz. „Betrachtet man die Bewertung der Arbeitsmarktfaktoren, so werden sowohl die Verfügbarkeit als auch die Qualifikation lokaler Arbeitskräfte nicht mehr zufriedenstellend bewertet. Auch die Lernqualität an den Berufsschulen wird von einem Viertel der Unternehmer nicht zufriedenstellend eingestuft. Hier besteht ein dringender Handlungsbedarf.“ So müssten beispielsweise Berufsschulen in der Investitionsplanung des Kreises dringend mitbedacht werden.

Während die Erreichbarkeit und Reaktionszeit der Behörden eine durchaus positive Bewertung bekommt, gibt es laut Unternehmen insbesondere bei der beim Kreis angesiedelten Baugenehmigungsbehörde und der Wirtschaftsförderung Verbesserungsbedarf. Allerdings, so Steinmetz, spreche die Tatsache, dass alle zur Verfügung stehenden Gewerbeflächen verkauft seien, für die guten Leistungen der Wirtschaftsförderung in der Gemeinde und im Kreis. „Möglicherweise fehlen den Betrieben Informationen über die Angebote der Kommunalverwaltung. Wir halten daher eine Ausweitung der Ressourcen für die Wirtschaftsförderung für empfehlenswert“, betont Steinmetz. Um der Flächenknappheit zu begegnen, wird zurzeit die Entwicklung des ehemaligen Rösler-Areals in einen modernen Gewerbe- und Logistikpark vorangetrieben. „Wir unterstützen diese gewerbliche Reaktivierung und setzen uns für ein zügiges und rechtssicheres Planungsverfahren ein“, so Steinmetz. Bürgermeister Pesch stimmt ihm bezüglich der Bedeutung dieser Gewerbefläche zu. „Dort möchten wir in diesem Jahr die Voraussetzungen dafür schaffen, dass ab 2021 mehr als 100.000 Quadratmeter Gewerbe- und Industriefläche wieder revitalisiert werden.“

Insgesamt zeigt sich der Bürgermeister mit dem Ergebnis zufrieden. „Die Analyse zeigt auch, dass in Schwalmtal sehr gute Arbeit geleistet wurde“, so Pesch. Allein die Zahl der neu geschaffenen Arbeitsplätze beweise, dass man auf einem guten Weg sei. „Aber es gibt auch Potenzial, das wir noch nutzen möchten.“