Auf den ersten Blick sieht die junge Innovation aus den USA wie ein elektrischer Rasierapparat aus und passt in jede Kitteltasche. Zusammen mit Smartphone oder Tablet als Monitor kann das transportable Ultraschallsystem ganz unkompliziert direkt am Krankenbett eingesetzt werden. Zur Ausbildung von Studierenden setzt die Medizinische Fakultät der Universität Bonn jetzt dieses weltweit neue Ultraschall-System am Universitätsklinikum Bonn ein, das seit circa einem Jahr in den USA klinisch angewendet wird. Mit 32 Geräten nutzt die Universität Bonn derzeit europaweit das größte Kontingent.
„Die Sonographie, also eine Untersuchung mittels Ultraschall, erhöht durch ihren praktischen Charakter die Motivation und das Wissen von Studierenden der Medizin. Auch verbindet sie einzigartig die Vermittlung von medizinischem Grundlagenwissen und Bildgebung mit klinischen Anwendungen“, sagt Prof. Dr. Bernd Weber, Dekan der Medizinischen Fakultät der Universität Bonn. Dies erfolgt als so genannte Point-of-Care-Methode (POCUS) am Ort der Entscheidungsfindung, sei es am Patientenbett, in der Notaufnahme, auf der Intensivstation oder in einer geriatrischen oder palliativmedizinischen Abteilung. „Diese Methode wollen wir mit der Einführung der portablen Ultraschallsysteme an der Universität Bonn stärken. Sie ist Teil unserer Strategie, die Lehre in der Medizin durch neueste Technologien weiter zu entwickeln und zu einer der modernsten in Deutschland zu machen“, sagt Dekan Prof. Weber.
Herkömmliche Geräte erzeugen relativ aufwendig mit teuren und speziellen Kristallen den Ultraschall. Außerdem sind die klassischen Geräte schwer und nicht leicht zu bewegen. Eine Lösung bietet eine weltweite neue Innovation aus den USA – ein Mikrochip aus Silizium, der durch wechselnde Oberflächenspannungen Ultraschallwellen auslöst. Ein weiterer entscheidender Vorteil liegt darin, dass der Chip verschiedene Ultraschallsonden imitieren kann. Somit kann ein Schallkopf für verschiedene Anwendungen genutzt werden, von der Sonographie des Bauchraums über Sonographiediagnostik bei rheumatologischen Erkrankungen bis hin zum orientierenden Ultraschall des Herzens. Verbunden über ein Kabel dient jeweils ein Smartphone oder Tablet als Monitor. „Damit wird jedes dieser Arrangements zu einem vollfunktionsfähigen Ultraschallgerät für die Kitteltasche“, sagt Dr. Florian Recker, Lehrbeauftragter des Zentrums für Geburtshilfe und Frauenheilkunde des Universitätsklinikums Bonn.
Aufgrund des geringen Preises von knapp 2.000 Euro konnte die Medizinische Fakultät auf einen Schlag 32 Ultraschall-Systeme anschaffen. Diese werden ab jetzt im Rahmen der Blockpraktika in den klinischen Semestern sieben bis zehn eingesetzt – beispielsweise für Herz-Ultraschall, geburtshilfliche Untersuchungen und die Sonographie der Bewegungsorgane. „Dabei halten wir die Studierenden im Rahmen ihrer klinischen Ausbildung an, die Sonographie direkt auf der Station mit in den klinischen Alltag einzubinden“, sagt Privatdozent Dr. Valentin S. Schäfer, Leiter der Rheumatologie und klinischen Immunologie an der Medizinischen Klinik III des Universitätsklinikums Bonn.
Im Rahmen einer durch Privatdozent Schäfer und Dr. Recker entwickelten medizinischen Doktorarbeit haben Studierende die Möglichkeit die Geräte in der Inneren Medizin nach einem e-blended-learning-System – einer Verknüpfung traditioneller Lehrformen und Lernen mit digitalen Medien – direkt am Krankenbett anzuwenden. „Da die Ultraschalldiagnostik in sehr vielen Fächern der Medizin für die Bildgebung in Diagnostik und Therapie immer wichtiger wird, ist es gut, wenn die Studierenden schon früh an diese Methode herangeführt werden“, sagt Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Wolfgang Holzgreve, Ärztlicher Direktor und Vorstandsvorsitzender des Universitätsklinikums Bonn.
Laut dem Dekan Prof. Weber bietet das neue Ultraschall-System aber nicht nur Vorteile für die Ausbildung zukünftiger Mediziner: „Durch den schnellen Einsatz und die Praktikabilität des Gerätes wird auch die Patientenversorgung und -sicherheit gestärkt. Denn Patienten müssen nicht mehr zu einem Ultraschallgerät gebracht werden und die Ultraschall-Untersuchung direkt am Krankenbett kann zudem optimal in den Arbeitsablauf integriert werden.“