Niederrhein. Zum Jahresbeginn 2020 atmen die Unternehmen am Niederrhein erst einmal durch. 37 Prozent der befragten Betriebe bewerten ihre Geschäftslage als „gut“, nur 10 Prozent sind unzufrieden. Dennoch blicken die Unternehmen skeptisch auf das kommende Jahr, vor allem in der Industrie. „Wir haben ein Jahrzehnt des stetigen Wachstums ungenutzt gelassen, um geringere Belastungen und bessere Standortbedingungen für die Wirtschaft zu schaffen“, stellt IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Stefan Dietzfelbinger fest. Zudem schwinde aktuell das Vertrauen, dass die weltweiten Handelskonflikte absehbar beigelegt werden können. Viele Unternehmen halten sich daher mit Investitionen zurück. Die Ergebnisse gehen aus der aktuellen Konjunkturumfrage der Niederrheinischen IHK hervor, an der sich über 350 Unternehmen mit insgesamt rund 50.000 Beschäftigten beteiligt haben.
Die Unternehmen am Niederrhein bewerten ihre Lage weiterhin überwiegend als gut. Der Abwärtstrend aus den drei Vorumfragen setzt sich damit nicht weiter fort. Der private Konsum wirkt weiterhin stützend für die Konjunktur. Die Betriebe stellen sich aber auf ein eher herausforderndes Jahr 2020 ein: Mit 19 Prozent erwarten mehr Unternehmen eine Verschlechterung in den kommenden zwölf Monaten als eine Verbesserung (15 Prozent). Besonders skeptisch zeigen sich die Betriebe in Verkehr und Logistik sowie der arbeitsintensiven Investitionsgüterindustrie wie dem Maschinenbau. Der Konjunkturklimaindex, der Lage und Erwartungen zusammenfassend darstellt, liegt unverändert zur Vorumfrage bei 111 Punkten.
Nachdem die Exporterwartungen im vergangenen Herbst deutlich gesunken waren, kehrt sich der Trend nun leicht um. Gleichwohl verharren die Erwartungen weiter auf niedrigem Niveau: 24 Prozent der Betriebe rechnen mit weiter sinkenden Exporten, dem gegenüber stehen 20 Prozent, die mit mehr Exporten rechnen. Weltweite Konflikte und Unsicherheiten werfen weiterhin Schatten auf das Auslandsgeschäft der niederrheinischen Betriebe, auch wenn zuletzt positive Signale aus den USA und China kamen und der vollzogene Brexit auf langfristig tragfähige Handelsabsprachen hoffen lässt. Das spiegelt sich auch in finanzieller Zurückhaltung der Betriebe auf ausländischen Märkten wider: Zwar wollen 19 Prozent der Unternehmen mehr im Ausland investieren und nur 13 Prozent weniger. In den beiden Vorjahren zeigten sich die Unternehmen jedoch noch deutlich ausgabefreudiger. Hauptmotiv für Investitionen ist die Kundennähe.
Auch zum Jahresbeginn 2020 bleibt der Fachkräftemangel mit 53 Prozent das größte Entwicklungsrisiko für die Unternehmen. Besonders Dienstleister und Industrie sehen auch in den wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen ein Risiko. Deutlich gestiegen ist die Sorge vor zunehmenden Energie- und Rohstoffpreisen: 38 Prozent der Befragten nehmen sie als Risiko wahr (+ 8 Prozentpunkte zum Herbst), in der Industrie sogar jeder zweite Betrieb. Um langfristig Kosten und Ressourcen zu sparen, investieren Unternehmen zunehmend in den Umweltschutz: Diesen Grund nennt mittlerweile mehr als jedes fünfte Unternehmen als Hauptmotiv für Investitionen. Bei den Industriebetrieben ist es sogar jeder dritte befragte Betrieb.
Insgesamt bewegen sich die Beschäftigungspläne der Unternehmen auf einem recht stabilen Niveau: 19 Prozent wollen mehr Personal einstellen (Herbst: 20 Prozent), 12 Prozent rechnen mit weniger Beschäftigten (Herbst: 13 Prozent). Während sich jedoch die Personalpläne der Dienstleister leicht im Aufwind befinden, sind die Vorhaben in der Industrie eher verhalten. Hier liegt der Saldo aus Zu- und Abnahmen nur noch leicht im positiven Bereich. Auch wenn der Arbeitsmarkt aktuell noch vergleichsweise robust ist, zeigt der zu beobachtende Anstieg an Kurzarbeit, dass die konjunkturelle Abkühlung erste Spuren hinterlässt.