Siegen. Die Botschaft ist deutlich: Die IHK Siegen verstärkt ihr Engagement für den heimischen Handel noch einmal spürbar. Der von der Vollversammlung im Dezember verabschiedete IHK-Etat sieht allein rund 115.000 € an Projektmitteln vor, die den regionalen Einzelhandel fördern sollen. Weitere Vorhaben in vergleichbarer finanzieller Größenordnung sollen in den Jahren 2021, 2022 und 2023 auf den Weg gebracht werden. „Wir investieren bereits seit einigen Jahren in den Handel“, erinnerte IHK-Vizepräsident Jost Schneider. Das aber nicht allein vor dem Hintergrund, dass die Anzahl der Handelsunternehmen in den letzten zehn Jahren in den Kreisen Siegen-Wittgenstein und Olpe von 6100 auf 5200 sank. „Nein“, bekräftigte der geschäftsführende Gesellschafter des Autohauses Walter Schneider: „Wer den Handel zukunftssicher aufstellen will, der muss alles daran setzen, ihn digitaler zu machen. Gelingt das nicht, bluten zunächst die Handelsstrukturen aus. Und damit veröden die Zentren.“ Sprich: Vor allem die Einzelhändler müssten noch stärker als bisher schon online Präsenz zeigen. Jost Schneider: „Unsere jüngsten Kunden, die heute um die 20 Jahre alt sind, legen das Smartphone ohnehin nicht mehr aus der Hand. Dennoch suchen sie wieder vermehrt das Einkaufserlebnis im stationären Handel. Aber erst, nachdem sie den Händler ihrer Lieblingsmarke im Netz gefunden haben.“
„Wir wollen das ,H‘ in unserem Namen stärken. Und dies nicht allein um des Handels selbst willen. Attraktive Zentren helfen ohne Frage der gesamten Wirtschaft auch beim Finden und Binden von Fach- und Führungskräften“, erläuterte IHK-Hauptgeschäftsführer Klaus Gräbener. „Wie soll man dringend benötigtes Personal für die heimische Wirtschaft begeistern, wenn sich die Leerstände in unseren Zentren mehren, die Schwarmstädte am Rhein aber boomen? Wer den Handel fördert, fördert zugleich ein innovatives Regionalmarketing.“ Daher habe die IHK Siegen einige Projektideen entwickelt, die in den nächsten drei bis vier Jahren den Handel voranbringen sollen. Die Grundbotschaft laute dabei „Werdet digital sichtbar!“. Diese Botschaft wolle die IHK auf mehreren Ebenen unterstützen.
Damit die Händler, mit ihnen jedoch auch Gastronomen und Dienstleister möglichst zügig auf „beiden Kanälen“ selbst sicher unterwegs sind, bietet die IHK Siegen ihnen Unterstützung an. Boris Edelmann wird dabei zukünftig eine wesentliche Rolle spielen. Der IHK-Mitarbeiter wird die Zielgruppe mittels Unternehmensbesuchen anleiten, ihre eigenen Accounts zu erstellen und zu pflegen. „Dazu gehört natürlich auch das Anlegen einer jeweils eigenen Social-Media-Strategie“, betonte Jost Schneider. Er weiß aus eigener Erfahrung, dass die Strategie fast das Wichtigste ist, um konsequent Aufmerksamkeit im Netz zu erzeugen. Flankiert wird dieses „Learning-by-doing“ von einem rollierenden Seminar- und Workshopangebot. Klaus Gräbener: „Diese Seminare führen wir bereits seit vier Jahren erfolgreich durch. Wir bildeten mit punktuellen Angeboten mehrere hundert Händler, Gastronomen und Dienstleister weiter, erreichten jedoch längst nicht alle potenziellen Kandidaten aus dieser Zielgruppe.“ Daher reifte die Idee, die Fortbildungen kleinteiliger und häufiger anzubieten. „Wir haben dazu den Kammerbezirk in sechs kleinere Bereiche unterteilt, in denen wir einmal im Quartal Seminare und Workshops durchführen – ganz gleich, ob sich drei oder 30 Teilnehmer angemeldet haben“, erläutert Boris Edelmann den neuen Ansatz. Offen sind die Veranstaltungen jedoch für sämtliche Unternehmer in Siegen-Wittgenstein und Olpe. Die konkreten Themen werden derzeit gemeinsam mit den lokalen 27 Werbegemeinschaften ermittelt. Geplant sind 24 Seminarveranstaltungen pro Jahr, deren Steuerung der IHK-Geschäftsstelle Olpe obliegt.
Offen für alle Einzelhändler in Siegen-Wittgenstein und dem Kreis Olpe soll auch das Projekt Laborladen sein, das die IHK Siegen gemeinsam mit mehreren Partnern in Wittgenstein durchführen wird. „Und mit Wittgenstein ist hier auch ganz Wittgenstein gemeint, da sich die Händler in den drei Kommunen als ‚Einzelhandel Wittgenstein‘ verstehen und nicht mehr an ihren Kirchtürmen festhalten“, verdeutlicht IHK-Mitarbeiterin Ann Katrin Hentschel. Konkret sollen Händler des ländlichen Raums mit den neuesten technischen Errungenschaften des Einzelhandels vertraut gemacht werden. Verlängerte Ladentheken über die Verknüpfung der Offline- mit der Onlinewelt, um das eigene Warenangebot erweitern zu können, 24-Stunden-Abholstationen, virtuelle Warenpräsentation etc. sollen den Händlern hier unter fachkundiger Anleitung im täglichen Umgang gezeigt werden. Ann Katrin Hentschel: „Es handelt sich hier nicht um Zukunftsmusik. Ganz im Gegenteil: Das sind Technologien, die im Handel bereits heute mehr und mehr genutzt werden.“ Wissenschaftlich begleitet wird der Laborladen vom Lehrstuhl für Marketing und Handel der Universität Siegen unter Leitung von Prof. Dr. Hanna Schramm-Klein. Finanziert wird das Projekt mit einer Laufzeit von drei Jahren nicht nur aus Mitteln der IHK Siegen, sondern auch, falls der Antrag positiv beschieden wird, aus LEADER-Mitteln.
Und natürlich werde die IHK auch 2020 die Imagekampagne „Heimat shoppen“ durchführen, betonen Ann Katrin Hentschel und Boris Edelmann. Sicherlich solle die Aktion Kunden, aber auch Händler über die Tüten und Postkarten zunächst an die Qualitäten des heimischen Handels erinnern. „Aber indem wir den Händlern vor allem auf den eigenen Facebook- und Instagram-Kanälen ‚Heimat shoppen an Bigge und Sieg‘ eine Plattform bieten, ist ‚Heimat shoppen‘ für uns eine Art Transporter geworden“, betont Hentschel. Ein Transporter für die Botschaft „Werdet digital sichtbar!“. „Wir haben als IHK auch die Mannschaft verstärkt, die sich um den Handel kümmert. Rechnet man die damit verbundenen Kosten mit ein und vergleicht die Gesamtsumme mit unseren durchschnittlichen IHK-Aufwendungen für den heimischen Handel in den vergangenen zehn Jahren, investieren wir allein 2020 unter dem Strich gut 140.000 Euro zusätzlich in den regionalen Einzelhandel. Und das aus gutem Grund. Wir brauchen den Handel, die Dienstleister und die Gastronomie. Mehr denn je“, betonten Jost Schneider und Klaus Gräbener abschließend.