Trotz zahlreicher Herausforderungen meldet die Wirtschaft in der Region Düsseldorf/Mittlerer Niederrhein zum Jahresbeginn eine überwiegend positive Lage. Allerdings hat sich der im vergangenen Jahr begonnene Erholungsprozess nicht fortgesetzt. „Die Betriebe schauen weniger optimistisch in die Zukunft als noch im Herbst“, erklärt Jürgen Steinmetz, Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittlerer Niederrhein, bei der Vorstellung des Konjunkturberichts zum Jahresbeginn 2022. Die Industrie- und Handelskammern Düsseldorf und Mittlerer Niederrhein hatten knapp 900 Unternehmen in der Region befragt. Auch im Kreis Viersen meldet der überwiegende Teil gute oder zufriedenstellende Geschäfte.
Die Gesamtlage der Wirtschaft – gemessen als Saldo zwischen den Betrieben, die eine gute, und denen, die eine schlechte Geschäftslage melden – liegt bei 20,4 Punkten. Die Lage ist damit im Vergleich zur Vorumfrage im vergangenen Herbst um gut drei Punkte gesunken. Angesichts der außerordentlich schwierigen Situation vieler Betriebe in den vergangenen Monaten bewerten die Industrie- und Handelskammern es als positiv, dass die Lagebewertung stabil bleibt. Im Kreis Viersen ist die Gesamtlage ebenfalls positiv, der Saldo liegt bei 28,0 Punkten.
„Zuletzt haben vor allem gestiegene Energiekosten, diverse Lieferschwierigkeiten und auch die seit November wieder verschärften Einschränkungen im Rahmen der Pandemie den Aufholprozess gedämpft“, erklärt Steinmetz. Mit Blick auf die Branchen ist die Lage in der Industrie angesichts weiterhin guter Auftragseingänge dennoch ausgesprochen gut. Die Bauwirtschaft profitiert vom milden Winter, und der produktionsnahe Großhandel freut sich über die Nachfrage aus der Industrie.
„Der Einzelhandel dagegen hat aufgrund der über zwei Monate lang andauernden 2G-Regel sehr gelitten,“ erklärt Gregor Berghausen, Hauptgeschäftsführer der IHK Düsseldorf. „Es melden mehr Händler eine schlechte als eine gute Lage.“ Ambivalent ist die Situation im Dienstleistungssektor. Die IT-Dienstleister freuen sich aufgrund der fortschreitenden Digitalisierung über gute Geschäfte. „Kontaktintensive Dienstleister wie das Gastgewerbe melden dagegen pandemiebedingt eine schlechtere Lage“, erläutert Berghausen. „Und die Speditionsunternehmen bewerten die Situation aufgrund gestiegener Spritkosten ebenfalls negativer als zuvor.“
In den Rohstoff- und in den Energiepreisen sehen die Unternehmen ein wesentliches Geschäftsrisiko für die kommenden sechs Monate. „Bei beiden Risiken sind es mehr als 50 Prozent der Unternehmen, in der Industrie sogar 80 beziehungsweise 72 Prozent. Das sind absolute Rekordwerte, die zeigen, dass sich auch die Politik mit dem Thema dringend beschäftigen muss“, erklärt Steinmetz. Im Kreis Viersen liegen die Werte auf gleichem Niveau.
Die hohen Rohstoffpreise hängen auch mit Lieferschwierigkeiten zusammen. In diesem Bereich rechnen die Unternehmen kurzfristig nicht mit Entlastung. Nur 6,5 Prozent der Betriebe rechnet damit, dass sich die Lieferkettenkrise bereits bis zum Sommer entschärfen wird. Ein Viertel aller Betriebe hofft auf das Jahr 2023. Fast ein weiteres Drittel traut sich keine Prognose zu.
Vor diesem Hintergrund sind auch die Geschäftserwartungen für das Jahr 2022 zurückhaltender als noch im Herbst 2021. 29 Prozent der Betriebe rechnen mit besseren Geschäften, 18 Prozent mit einer Verschlechterung. „Der Saldo von 11 Punkten ist deutlich niedriger als im Herbst, als 23 Punkte erreicht wurden“, so Steinmetz. Im Kreis Viersen liegt der Saldo bei 10,8 Punkten.
Diese leichte Eintrübung im Vergleich zur Vorumfrage zieht sich insgesamt durch den Konjunkturbericht: Die Beschäftigungspläne sind positiv, aber weniger expansiv als noch im Herbst. Auf der einen Seite möchten insbesondere die industrienahen Großhändler zusätzliches Personal einstellen. Auf der anderen Seite ist vor allem im Einzelhandel angesichts der Corona-Restriktionen eher mit einem Personalabbau zu rechnen. „Gleichzeitig finden Einzelhändler mit Personalbedarf kaum Fachkräfte. Wie bereits in der Gastronomie könnten die andauernden coronabedingten Restriktionen dazu führen, dass sich Fachkräfte aufgrund der Jobunsicherheit auch vermehrt von dieser Branche abwenden“, befürchtet Berghausen.
Die Betriebe planen zwar Investitionen. Besonders ambitioniert sind diese Pläne allerdings nicht. „Bei den Auslandsinvestitionen müssen wir sogar mit einer Reduzierung der Budgets rechnen“, erklärt Steinmetz. „Das ist eine Folge weiter zunehmender internationaler Spannungen, starker Reiserestriktionen und Protektionismus.“