Der außenwirtschaftliche Gegenwind trifft nun die Breite der Industrie: Zum dritten Mal in Folge melden die Unternehmen in der Herbst-Konjunkturumfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) eine deutlich eingetrübte Geschäftslage. Entsprechend schraubt der DIHK seine Wachstumsprognose nochmals herunter. Die aktuelle Erhebung beruht auf rund 28.000 Unternehmensantworten – und die sind so pessimistisch ausgefallen wie seit der Finanzkrise 2008/2009 nicht mehr. „In normalen Zeiten haben wir eigentlich ein durchschnittliches Exportwachstum von 5,5 Prozent“, kommentiert DIHK-Präsident Eric Schweitzer die Lage. „Für 2020 rechnen wir bei den Ausfuhren mit Stagnation – eigentlich eher etwas schlechter (minus 0,5 Prozent).“ Dies sei eine „riesige Herausforderung“ für die Volkswirtschaft mit ihrem starken Industriekern.
Insgesamt erwartet der DIHK für 2019 ein Plus von 0,4 Prozent beim Bruttoinlandsprodukt. Im Herbst 2018 hatte die – aus damaliger Sicht zurückhaltende – Prognose noch bei 1,7 Prozent gelegen. Angesichts des Umstandes, dass 2020 vier Arbeitstage mehr aufweist als 2019, könnte es „im nächsten Jahr für ein Wachstum von 0,5 Prozent reichen“, hofft Schweitzer. „Gerne würden wir uns in die Reihe derer einreihen, die optimistischer sind“; die Einschätzungen der Unternehmen lieferten dafür aber „leider keine Argumente“.
Wie die Herbst-Umfrage zeigt, verschlechtern sich die Lage und die Erwartungen gerade in der Industrie erheblich. Infolgedessen schwächelt auch zunehmend die Inlandsnachfrage. „Die Abkühlung hinterlässt nunmehr auch sichtbare Spuren bei industrienahen Dienstleistern und Großhändlern“, berichtet der DIHK-Präsident. „Zu den Nachfragesorgen für die Unternehmen gesellen sich Unsicherheiten aufgrund wirtschaftspolitischer Rahmenbedingungen am heimischen Standort. Dies gilt insbesondere mit Blick auf die Klima- und Energiepolitik.“
Ein Lichtblick: Einzelhandel und Tourismus profitieren vom bis dato verlässlichen Binnenkonsum und blicken weiterhin auf stabile Geschäfte. Dagegen sorgen wachsender Protektionismus, eskalierende Handelskonflikte und der Brexit für sehr schwache Erwartungen im Auslandsgeschäft. Fast jedes zweite Exportunternehmen sieht mittlerweile in der schleppenden internationalen Nachfrage ein Risiko für die künftige Geschäftsentwicklung.
Infolge der trüben Aussichten und der greifbaren Verunsicherung in vielen Branchen sinken die Investitions- und Beschäftigungsabsichten der Unternehmen zum fünften Mal in Folge. Das größte Geschäftsrisiko bleibt aus Sicht der Betriebe jedoch weiterhin der Fachkräftemangel.
Eric Schweitzer bewertet die konjunkturelle Entwicklung als „besorgniserregend“. Die Bundesregierung solle „dringend agieren“, so seine Mahnung. „Unser Land muss ins Handeln kommen.“ Als mögliche Maßnahmen nennt er unter anderem eine Initiative zur Wiederbelebung der Welthandelsorganisation, die überfällige Unternehmenssteuerreform, aber auch Investitionen in kluge Köpfe und in eine moderne Infrastruktur.