Wirtschaft im Rheinland verlangt Perspektive – IHKs stellen Konjunktur-Ergebnisse vor

Auch 2021 wird für viele Unternehmen im Rheinland ein weiteres, sorgenvolles Jahr. Das zeigt das Konjunkturbarometer der Industrie- und Handelskammern im Rheinland. „Immer größer wird die Kluft zwischen den Krisengewinnern und den Krisenverlierern. Die Wirtschaft erholt sich nur mit angezogener Handbrem-se“, so Dr. Stefan Dietzfelbinger, Hauptgeschäftsführer der Niederrheinischen IHK. „Vor allem in der Gastronomie, im Einzelhandel, der Veranstaltungsbranche oder den personenbezogenen Dienstleistungen stehen viele Unternehmer vor den Trümmern ihrer Existenz. Hier gibt es viele Firmen, die sich von Insolvenz bedroht sehen.“ In Gastgewerbe und Tourismus liegt die Quote bei 20 Prozent, im Einzelhandel bei zehn Prozent.

Laut Konjunkturbericht der IHKs erholt sich die Wirtschaft über alle Unternehmen gesehen dennoch leicht. Der Konjunkturklimaindex, der Lage und Erwar-tungen zusammenfasst, liegt bei 97 Punkten, er hält damit trotz Lockdown das niedrige Niveau aus dem Herbst (98 Punkte). Im Frühjahrs-Lockdown 2020 war er noch auf 68 Punkte abgestürzt.

Die Ergebnisse des IHK-Rheinland-Barometers zeigen: Die Schere öffnet sich weiter zwischen Krisenverlierern und Unternehmen, die sich behaupten können. In der Gastronomie bewerten 84 Prozent ihre Lage als schlecht und im stationären Einzelhandel 40 Prozent. Auch Unternehmen, die von den Aufträgen dieser Lockdown-Branchen abhängen, leiden. Dazu zählen etwa das Papier- und Druckgewerbe (39 Prozent mit schlechter Lage), das Ernährungsgewerbe (43 Prozent) und die Logistik (36 Prozent). Gut behaupten können sich die IT-Branche, Banken und Versicherungen, das Gesundheitswesen und die Baubranche.

Jürgen Steinmetz, Hauptgeschäftsführer der IHK Mittlerer Niederrhein, bewertet das Ergebnis des Branchenreports mit Blick auf die industriellen Leitbranchen am Mittleren Niederrhein ambivalent. „Die Chemische Industrie weist die beste Lagebeurteilung aller Industriebranchen aus. Das ist ein positives Ergebnis für unsere Region mit immerhin zwei Chemieparks“, so Steinmetz. Dagegen melden das Ernährungsgewerbe und die Metallindustrie sehr schlechte Werte. Im Metallbereich ist die Tendenz im Vergleich zur Umfrage im Spätsommer immerhin positiv. „Auch die Lage im Maschinenbau ist mehrheitlich negativ, allerdings dürfte die Talsohle durchschritten sein“, so Steinmetz. „Die Unternehmer sind optimistisch, dass sich die Lage in diesem Jahr verbessert.“

Alle Branchen drückt die Sorge vor der rückläufigen Nachfrage. Dietzfelbinger: „Die Nachfrage aus dem Inland, aber auch von den Auslandsmärkten, hat deut-lich nachgelassen. Die Unternehmen sind verunsichert, und sie planen sehr vorsichtig bei Investitionen und Personal. Diese Zurückhaltung ist eines der größten langfristigen Risiken der Krise.

„Wir verstehen, dass die Politik auf ein dynamisches Pandemiegeschehen auch situativ reagieren muss und auf Sicht fährt. Vielen Unternehmen fehlt aber jede Perspektive. Nach einem Jahr Corona-Pandemie und mehr als 25 neuen Rege-lungen brauchen die Unternehmen mehr Klarheit“, so Steinmetz. Konkret fordern die IHKs im Rheinland einen Stufenplan, der Kriterien festlegt, wann welche Geschäfte und Betriebe wieder öffnen dürfen. Es sei an der Zeit, einen Weg aus der Krise aufzuzeigen, so die IHKs.