Energieversorgung und Rohstoffpreise, Bürokratieabbau, Fachkräftemangel sowie Digitalisierung – bei diesen Themen herrscht aus Sicht der Unternehmen in Mönchengladbach, Krefeld, im Rhein-Kreis Neuss und im Kreis Viersen dringender Handlungsbedarf. Das ist das Ergebnis einer Blitzumfrage der Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittlerer Niederrhein unter knapp 400 Unternehmen der Region anlässlich der gestrigen Landtagswahl. „Wir gratulieren den Gewählten und wünschen viel Erfolg“, erklärte IHK-Hauptgeschäftsführer Jürgen Steinmetz. „Gleichzeitig erwarten wir, dass sich die Politik in den nun beginnenden Koalitionsverhandlungen insbesondere auf die drängendsten wirtschaftspolitischen Themen konzentriert.“ Es komme darauf an, die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts NRW zu stärken.
Die neue Landesregierung wird ihre Arbeit in einer Zeit aufnehmen, in der die Herausforderungen für die Betriebe immens sind. „Umso wichtiger ist es, dass sich die Politik in den nun anstehenden Koalitionsverhandlungen mit den Sorgen und Nöten der Unternehmen befasst“, so Steinmetz. „Eine starke Wirtschaft, die für Arbeitsplätze und Steuereinnahmen sorgt, ist die Grundlage für die ökologische, kulturellen und soziale Weiterentwicklung des Landes insgesamt.“
Die Energieversorgung ist für die Unternehmen das zurzeit drängendste Thema. Für 46 Prozent der Unternehmen am Mittleren Niederrhein sollte die Energieversorgung im Programm der kommenden Landesregierung Priorität haben. Insbesondere für die Industriebetriebe ist das Thema enorm wichtig. 57 Prozent der Unternehmen des verarbeitenden Gewerbes betrachten die Energieversorgung als wichtige Aufgabe der kommenden Landesregierung. „Dazu hat auch der russische Angriffskrieg auf die Ukraine beigetragen. Gaskraftwerke werden kaum mehr als Übergangstechnologie genutzt werden können“, so Steinmetz. „Am gesetzlich fixierten Ausstiegsziel der braunkohle-basierten Stromerzeugung im Rheinischen Revier bis 2038 sollte festgehalten werden.“ Ein vorzeitiger Ausstieg 2030 sei derzeit unrealistisch.
Auch das Thema „Bürokratieabbau“ treibt die Wirtschaft um. Dies betrifft nach Analyse der IHK insbesondere die kleinen und mittleren Unternehmen. Für Firmen mit weniger als 50 Mitarbeitern in der Region Mittlerer Niederrhein ist es sogar das Thema Nr. 1 in der Legislaturperiode 2022 bis 2027. „Je kleiner die Betriebe sind, umso schwieriger ist es, die bürokratischen Anforderungen zu erfüllen. Die Entfesselung muss weiter vorangetrieben werden“, so Steinmetz. Die IHK fordert daher von der kommenden Landesregierung, sich bei eigenen Gesetzen, Verordnungen und Erlassen an der EU- und deutschlandweit einfachsten und unkompliziertesten Lösung zu orientieren. Die 1:1-Umsetzung von EU- und bundesgesetzliche Regelungen sollte zukünftig fest in der Landespraxis verankert werden. „Außerdem müssen wir bei der Digitalisierung der Verwaltungen in den kommenden fünf Jahren weiterkommen“, so Steinmetz.
Ein Dauerbrenner ist das Thema „Fachkräftemangel“. Für gut 47 Prozent ist der Mangel an qualifizierten Mitarbeitern derzeit das wesentliche Geschäftsrisiko. Deswegen sehen auch 37 Prozent der Unternehmen in der Sicherstellung der Fachkräfteversorgung eine wichtige Aufgabe der neuen Landesregierung. „Es geht um drei Punkte: Die berufliche Orientierung an Schulen muss gestärkt, die duale Ausbildung an Berufskollegs muss priorisiert und die Attraktivität der Berufsschulen muss gesteigert werden“, so der IHK-Hauptgeschäftsführer.
Das Thema „Digitalisierung“ ist aus Sicht von 31 Prozent der regionalen Unternehmen bedeutend für die anstehenden Koalitionsverhandlungen. Insbesondere Unternehmen aus der Informationswirtschaft, aber auch wissensintensive Dienstleister, die Gesundheitswirtschaft und die Hochtechnologieunternehmen in der Regionsehen darin ein Handlungsfeld für die zukünftige Landesregierung. „Dies sind alles innovationsfreudige Branchen. Sie benötigen wettbewerbsfähige Bedingungen, damit sich der Standort Nordrhein-Westfalen weiterentwickeln kann“, so Steinmetz. Am wichtigsten sind aus IHK-Sicht schnelle Datenleitungen. „Die Errichtung von Breitbandinfrastrukturen sollte etwa durch kommunale Pauschalerlaubnisse und digitale, standardisierte Prozesse beschleunigt werden.“