Mönchengladbacher Wirtschaftsgespräche: Wie gelingt die Renaissance der Textilindustrie?

Bekleidungsproduktion in einem westeuropäischen Hochlohnland, so ressourcenschonend wie möglich und natürlich wirtschaftlich – ist das möglich? Für Birgit Kretschmer ist die Antwort eindeutig: Ja, das funktioniert. Wie diese Renaissance der Textilindustrie im Herzen Europas gelingen kann, erläuterte sie als Chief Financial Officer (CFO) von C&A bei den 29. Mönchengladbacher Wirtschaftsgesprächen im Textiltechnikum des Monfortsquartiers. In der Halle nebenan entsteht derzeit eine Jeans-Fabrik der Zukunft. Eingeladen hatten die Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittlerer Niederrhein, die Wirtschaftsförderungsgesellschaft Mönchengladbach (WFMG), die Stadtsparkasse Mönchengladbach und die Rheinische Post.

Was es mit dem C&A-Konzept „Factory for Innovation in Textiles“ (FIT) im Detail auf sich hat, wollten rund 250 Gäste erfahren, die zunächst von Elmar te Neues, Präsident der IHK Mittlerer Niederrhein, und Oberbürgermeister Felix Heinrichs begrüßt wurden. „Die Industrie ist für unsere Region von großer Bedeutung und sie ist krisenfester als andere Wirtschaftszweige – das hat auch die Corona-Krise gezeigt. Umso mehr freue ich mich, dass wir hier in Mönchengladbach diese textile Renaissance erleben“, sagte te Neues, und Heinrichs ergänzte: „‚Made in MG‘ könnte ein Label werden. Vielleich ist das Engagement von C&A ein Push für die Industrie in unserer Stadt, der weitere Ansiedlungen auslöst.“

Das Engagement von C&A stellt die seit Jahrzehnten etablierte globale Lieferkette der Mode-Industrie infrage, wie Kretschmer betonte. Das übliche Business-Modell der Branche sieht so aus: Designt wird in Europa, produziert wird kostengünstig von Lieferanten in Fernost, dann kommt die Ware per Container nach Europa. „Die Ware ist dann vier Wochen auf dem Schiff – wenn es gut läuft. Bei Schwierigkeiten kann es dann auch einmal acht Wochen dauern“, so Kretschmer. Diesen Zeitverlust zwischen Produktion und Verkauf der Ware zu vermeiden, darum geht es auch beim FIT-Ansatz von C&A. „Wir wollen wieder dort produzieren, wo unsere Märkte sind, um die Ware schneller an die Kunden zu bringen“, erklärte die Managerin. „Und vor allem wollen wir nachhaltiger produzieren.“ Dass sich die neue Fabrik von C&A auf die Herstellung von Jeans-Hosen konzentriert, ist kein Zufall. Die Produktion und Verarbeitung von Denim ist üblicherweise mit großem Ressourcenverbrauch verbunden. „Normalerweise werden für eine Jeans bis zu 60 Liter Wasser verbraucht. Hier in Mönchengladbach werden wir den Verbrauch auf fünf Liter reduzieren“, versicherte Kretschmer. In allen Bereichen der neuen Fabrik werde so ressourcenschonend und nachhaltig wie möglich gearbeitet. „Wir versorgen uns auch vollständig mit Erneuerbaren Energien – auch wenn das etwas teurer ist.“

Die Hosenproduktion in Mönchengladbach wirtschaftlich zu betreiben, ist nur möglich, weil alle Prozesse konsequent digitalisiert und automatisiert werden. Dass sich der Konzern mit Sitz in Düsseldorf für den Standort Mönchengladbach entschieden hat, ist für Kretschmer naheliegend: „Die Nähe zu Forschung und Entwicklung, die Verfügbarkeit von Fachkräften und die traditionelle Stärke der Stadt im Textilbereich sprechen für Mönchengladbach.“ 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wird C&A zunächst beschäftigen. Sie sollen im Jahr rund 400.000 Hosen produzieren. Bis zu 800.000 wären theoretisch am Standort möglich. Dann wären auch mehr Arbeitskräfte notwendig, bis zu 180. „Im Frühjahr 2022 werden wir die ersten Jeans-Hosen ausliefern“, versprach Kretschmer.

Die C&A-Managerin ist fest davon überzeugt, dass diese „textile Revolution“ gelingt: „Den Menschen ist heute nicht mehr egal, wo und wie ihre Jeans produziert werden. Diese Fabrik in Mönchengladbach ist erst der Anfang.“