Mönchengladbach. Kleidung online in die Innenstadt bestellen, sie dort vor einem digitalen 360-Grad Spiegel anprobieren und sich dabei von Freunden live beraten lassen, daneben eine Gastronomie und anschließen ohne schwere Pakete im Gepäck in der Innenstadt weitershoppen. Es kann natürlich aber auch sein, dass die Ware dem Kunden nicht gefällt oder es nicht passt. Daher sollte man es bequem direkt mit Retourenschein zurückschicken können. Das alles ermöglicht die „Fashinbox.mg“. Am Donnerstag, 1. Juli, eröffnet die innovative Kombination aus Paketstation, Gastronomie und Showroom in der Mönchengladbach Oberstadt an der Hindenburgstraße 12 nach Corona-bedingter Verzögerung für die Öffentlichkeit.
Die digitale Transformation führt dazu, dass sich die Logistik, Innenstadt und der stationäre Handel verändern. Die „Fashionbox.mg“ versucht damit einen Mehrwert für Dritte zu werden. „Durch die Fashionbox versprechen wir uns eine weitere gezielte Belebung der Gladbacher Oberstadt“, sagt Oberbürgermeister Felix Heinrichs. „Insbesondere die Tatsache, dass mit der Verknüpfung von stationärem und Online-Handel die Kundenfrequenz in der Innenstadt erhöht und der stationäre Handel durch ergänzende lokale Käufe finanziell gestärkt werden sollen, sticht für mich positiv heraus.“ Dies bestätigt Dr. Ulrich Schückhaus, Geschäftsführer der städtischen Wirtschaftsförderung (WFMG), die im Verbundprojekt mit der Entwicklungsgesellschaft (EWMG) und der Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittlerer Niederrhein die Leitung innehat. „Wir wollen die Menschen zurück in die Innenstädte holen, und dazu braucht es neue, innovative Ansätze, die auch einen Erlebnis-Charakter haben. Mich freut besonders, dass wir in Mönchengladbach mit diesem innerstädtischen Abhol- und Testcenter für online bestellte Kleidung erneut eine Vorbildfunktion für die Zukunft des Einzelhandels einnehmen können.“ IHK-Hauptgeschäftsführer Jürgen Steinmetz fügt hinzu: „Die Innenstädte stehen vor großen Herausforderungen. Neben den Folgen der Corona-Pandemie gehört dazu auch der digitale Wandel. Umso wichtiger sind Projekte wie die Fashionbox, die auch junge Menschen dazu bewegen, in die Innenstadt zu kommen. Solche Ansätze brauchen wir für belebte und zukunftsfähige Innenstädte. Dieses Projekt weist den Weg in die Zukunft! “
Damit es jedoch zu einem Erlebnis-Charakter führt muss es für die Kunden möglichst einfach sein, etwas zu bestellen und abzuholen. Der Kunde oder die Kundin kann online bestellte Ware über die Fashionbox-App in die Fashionbox.mg liefern lassen und erhält nach Eingang der Ware eine Benachrichtigung auf das Handy. Das Paket kann jederzeit vor Ort mit dem erhaltenen QR-Code abgeholt werden. Dabei muss lediglich der Code vor die entsprechende Paket-Box gehalten werden und schon hält man das jeweilige Paket in den eigenen Händen. „Wir kooperieren bereits jetzt zum Projektstart mit mehreren namhaften Paketdienstleistern, die eigene Locker in der Fashionbox aufgestellt haben“, sagt Projektleiterin Eva Eichenberg von der WFMG. „So hat sich UPS als erster Dienstleister bereiterklärt, Teil des Pilotprojekts zu sein – eine Kooperation, die wir sehr begrüßen. Daneben sind ein Amazon-Locker sowie das offene Paketboxen-System von Sesam Homebox in Kooperation mit Pickshare verbaut. Mit weiteren Dienstleistern befinden wir uns derzeit noch im Gespräch.“
Anschließend kann die online bestellte Ware in einer der beiden Umkleiden anprobiert werden. Dabei kann der Kunde oder die Kundin über einen digitalen Spiegel in der Ankleide das Outfit live mit anderen teilen, etwa über Social Media, und sich von Freunden beraten lassen – selbstverständlich datenschutzkonform. Die Freunde können alternativ aber auch mit in die Fashionbox kommen und vom Gastronomieangebot profitieren. Dies wird von der Gründerin „Mango bakes cakes“ bereitgestellt und enthält neben Kaffee aus heimischer Röstung der Marke Eskaro selbstgebackene französische Patisserie.
Gefällt dem Kunden oder der Kundin im weiteren Verlaufe des Besuchs in der Fashionbox.mg die anprobierte Kleidung nicht, kann diese direkt vor Ort retourniert werden. Dafür hält die Fashionbox Verpackungsmaterial bereit – welches im Falle einer positiven Kaufentscheidung im Ladenlokal verbleibt und somit beim weiteren Shoppen in der Innenstadt nicht stört. Für den „Vintage-Look“ des Ladenlokals zeichnet Martin Wosik (Wosik Retail Design) verantwortlich: „Das Mobiliar besteht aus individuellen Einzelstücken, die auch erworben werden können“. Auf einer Showroom-Fläche präsentieren sich darüber hinaus monatliche wechselnde Startups und junge Mode-Unternehmen, die vorerst geplant auch aus Mönchengladbach stammen. Der erste Kandidat für die Showroom-Fläche ist das Label „Level Up“, welches aus einer gemeinsamen Bachelorarbeit an der Hochschule Niederrhein, von Leonie Reuter und Kerima Strotmann, entstanden ist.
In der „Fashinbox-MG“ gibt es außerdem viele weitere Einzelheiten zu entdecken, auch in Richtung Textilgeschichte. Die Fläche der „Fashinbox.mg“ kann nach Absprache auch für Schulungen, Lesungen, Modenshows oder auch verschiedenen Sportkursen genutzt werden.
Neben den Vorteilen für den Endkunden bieten sich außerdem etliche positive Effekte für die Stadt, die Einzelhändler und die so genannten KEP-Dienstleister (Kurier-, Express- und Postdienste). „Die Einrichtung der Fashionbox.mg soll vor allem zur Prozessoptimierung auf der so genannten letzten Meile beitragen, also der Übergabe der Ware an die Kundschaft“, sagt Eichenberg. „Einzelhändler und Stadt sollen von der gestärkten Frequenz auf der Hindenburgstraße profitieren. Zusätzlich bieten sich Chancen durch die Bespielung und Nutzung der Eventfläche, die von Händlern und Privatpersonen angemietet werden kann.“
Das Projekt wird im Rahmen des 3. Förderaufrufs „Digitalen und stationären Handel zusammendenken“ vom Ministerium für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie des Landes NRW gefördert und belebt einen vorherigen Leerstand in der Oberstadt, den die EWMG bereitstellt. Das Projektvolumen beträgt 244.160 Euro, wobei die Förderhöhe durch das Landeswirtschaftsministerium bei 70% liegt. Die IHK beteiligt sich mit 10.000 Euro. Das Projekt war offiziell zum 1. Juli 2020 gestartet und sollte eigentlich zum 30. Juni 2021 enden – bedingt durch die Einschränkungen infolge der Corona-Pandemie geht es nun mit genau einem Jahr Versatz an den Start. Während der Laufzeit soll nun ein Betreiberkonzept entwickelt werden, um die Fashionbox möglicherweise an Ort und Stelle zu verstetigen beziehungsweise perspektivisch auch auf weitere Standorte übertragen zu können.
Das Projekt wird in den kommenden Monaten getestet. Vor allem die Zielgruppe zwischen 18- und 35-jährigen soll verstärkt wieder in die Innenstadt gelockt werden. Gerade auch in Zukunft nach der Pandemie, müssen möglicherweise große Kaufhäuser in Innenstädten ihre Verkaufsfläche verkleinern. Auch hier könnte dann ein ähnliches Konzept angewendet werden. Wenn das Projekt in der Zukunft gut ankommt, besteht kein Zögern beim Aufbau weiterer „Fashionboxes“.
Das Foto zeigt (v.l.n.r.): Eva Eichenberg (Projektleiterin WFMG), Dr. Ulrich Schückhaus (Geschäftsführer WFMG), Martin Wosik (Wosik Retail Design), Jürgen Steinmetz (Hauptgeschäftsführer IHK Mittlerer Niederrhein) sowie Felix Heinrichs (Oberbürgermeister). Foto: Andreas Baum / WFMG