TU Dortmund und Industriepartner forschen zu sicherem automatisiertem Fahren

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vom Institut für Roboterforschung der TU Dortmund und der Automobilzuliefer-Industrie entwickeln gemeinsam einen Schlüsselbaustein für das automatisierte vernetzte Fahren: Im Projekt „KISSaF“ sollen die Umfeldwahrnehmung verbessert und mit Künstlicher Intelligenz Verkehrssituationen vorhergesagt werden. Der Name des Verbundprojekts steht für „KI-basierte Situationsinterpretation für das automatisierte Fahren“. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) fördert es seit Anfang des Jahres mit 2,75 Millionen Euro.

Automatisiertes vernetztes Fahren ist eine der Zukunftstechnologien der Automobilbranche. Damit vollautomatisierte Fahrzeuge auf der Straße unterwegs sein können, muss deren sichere Führung in jeder Situation gewährleistet sein. Das wird vor allem schwierig, wenn das Fahrzeug die Steuerung wieder an den Menschen zurückgibt. Die sogenannte Übernahmezeit, die eine Fahrerin oder ein Fahrer benötigt, um sich in einer kritischen oder komplexen Situation zu orientieren, wird dabei in der Regel mit zehn Sekunden kalkuliert. Das ist in vielen Verkehrssituationen viel zu lang: Bei einer Geschwindigkeit von 50 km/h legt das Auto im Stadtverkehr in dieser Zeit noch fast 140 Meter zurück.

Hier setzt das neue Projekt an: Mit einer Vorhersage der weiteren Entwicklung der Verkehrssituation soll das Fahrzeug selbst eine vorausschauende Manöverplanung vornehmen können. Werden die Informationen der Umgebung sinnvoll ausgewertet und interpretiert, so ist es möglich, die eigene Fahrplanung mit der Planung anderer Verkehrsteilnehmer abzustimmen. Allerdings können gegenwärtige Ansätze des automatisierten Fahrens, die mit klassischen regelbasierten Algorithmen arbeiten, die Entwicklung der Verkehrssituation nicht hinreichend abbilden. Die möglichen Wechselwirkungen aller Verkehrsteilnehmer sowie die Berücksichtigung der Straßeninfrastruktur und aller Kontextinformationen lassen sich nur unvollständig in einem endlichen Regelsatz formulieren.

Die Projektbeteiligten erarbeiten daher zunächst eine Umfeldrepräsentation, die alle wichtigen Aspekte der Verkehrsszene beinhaltet: alle statischen und dynamischen Objekte und die Infrastruktur im Wahrnehmungsbereich des Fahrzeugs. Schon jetzt stellen moderne Sensortechnologien immer mehr Informationen zur Verfügung, die dafür verwendet werden können: Radar, Kamera und Sensoren für die optische Abstands- und Geschwindigkeitsmessung. Um abzubilden, dass sich die Verkehrssituation zeitlich verändert, werden die Beobachtungen über einen gewissen Zeitraum akkumuliert. Darüber hinaus soll die Repräsentation ebenfalls bereits eine grundlegende Interpretation der Situation liefern, beispielsweise Geschwindigkeitsbegrenzungen zuordnen.

Die Beschreibung des Umfelds ist Ausgangspunkt der Vorhersage: Aus den zeitlich akkumulierten Messungen des Beobachtungszeitraums wird mit Künstlicher Intelligenz ein Modell trainiert, das in die Zukunft schaut. Die möglichen zukünftigen Situationsverläufe werden dann für die Entscheidungsalgorithmen verwendet, um die Manöverplanung des Fahrzeugs zu unterstützen und zu verbessern. Zur Evaluierung der Vorhersagen unter realen Bedingungen wird im Projekt ein Testfahrzeug entwickelt und genutzt.