Mönchengladbacher Startup EEDEN plant die Revolution des Textilrecyclings

Mönchengladbach. Seit Ende 2019 werden Steffen Gerlach (26) und Reiner Mantsch (25) mit ihrem Startup EEDEN im Rahmen des ersten „Startup.Starterkit.MG” von WFMG, EWMG und nextMG unterstützt. Ihr chemisches Recyclingverfahren, mittels dessen Hilfe Textilabfälle zu nachhaltigen Zellulosefasern verarbeitet werden sollen, hat in den vergangenen zwölf Monaten entscheidende Fortschritte gemacht – sogar das erste eigene Fasermaterial ist bereits hergestellt. Einen Verbleib in Mönchengladbach können sie sich auch nach Abschluss der Förderung sehr gut vorstellen.

Es ist ein unscheinbares weißes Stoffknäuel, das ein wenig an ein Wattebäuschchen erinnert: Doch was die beiden Gründer da in der Hand halten, ist nicht nur ihr „Proof of Concept“ – der Meilenstein, der belegt, dass ihr Vorhaben prinzipiell durchführbar ist –, sondern könnte eines Tages immense Auswirkungen auf die weltweite Textilproduktion haben. Denn das Material besteht aus Produktionsabfällen aus der Textilherstellung, ist also ein Upcycling-Produkt mit baumwollähnlichen Eigenschaften, und soll echter Baumwolle in nichts nachstehen.

Im Gegenteil. „Nicht zuletzt aufgrund der wachsenden Weltbevölkerung wird es bis 2050 eine jährliche Angebotslücke von vielen Millionen Tonnen baumwollähnlicher Fasern weltweit geben“, sagt Mantsch, der an der Hochschule Niederrhein Textil- und Bekleidungstechnik studiert. Mehr als 25 Millionen Tonnen Baumwolle könnten aber gar nicht hergestellt werden, ohne dem Planeten infolge ausgeweiteter Flächenbedarfe weitere ökologische Schäden zuzufügen. Auch die beiden bekannten nachhaltigeren Alternativen – Zellulosefasern aus Bäumen bzw. Biobaumwolle oder Lyocell aus Bäumen – seien in ihrer Skalierbarkeit entweder begrenzt oder aber begrenzt sinnhaft. Mit ihrem chemisch basierten Verfahren wollen es EEDEN hingegen ermöglichen, dass Textilien eins zu eins recycelt werden können – ohne Qualitätsverlust, auf glaubwürdig nachhaltige Art und Weise. „Bisher werden aus alten T-Shirts überwiegend Downcycling-Produkte wie Putzlappen oder Malervliese“, sagt Betriebswirtschaftler Gerlach. „Das so genannte Closed-Loop-Recycling im geschlossenen Kreislauf hingegen liegt in der Textilindustrie aktuell bei nur einem Prozent.“ Eine Lücke mit extremem Potential, in die das Startup stoßen möchte.

Am Anfang hatte ein erfolgreicher „Pitch“ vor einer Jury gestanden: Ende Oktober 2019 gewann das Gründer-Duo aus Hamburg und Mönchengladbach das zwölfmonatige Unterstützungspaket „Startup.Starterkit.MG“ inklusive mietfreier Gründer-WG. Damals war die Geschäftsidee noch frisch, zeugte aber von großen Visionen: EEDEN wollten die Textilproduktion über einen innovativen Recyclingprozess zellulosehaltiger Alttextilien nachhaltig verändern, der gedankliche Fokus lag insbesondere noch auf dem Erspinnen. Mittlerweile jedoch wurde erkannt: Dafür gibt es ein etabliertes Verfahren, auf das sich problemlos zurückgreifen lässt. Das Augenmerk wurde vielmehr darauf gewendet, die Gleichförmigkeit des Ausgangsmaterials herzustellen. Und hier erkannten EEDEN schnell: Allein mit in Deutschland anfallenden Produktionsabfällen („Best-Case-Material“) können sie ihr Geschäftsmodell über mehrere Jahre sukzessive hochskalieren, bevor sie eines Tages auf Altmaterial, also bestehende Textilien, zurückgreifen müssen. Darin liegt dann die echte Chance für eine nachhaltigere Form der Textilproduktion. „Denn heute wird weltweit jede Sekunde eine Lkw-Ladung Alttextilien verbrannt oder deponiert“, sagt Reiner Mantsch.